Comfort/Rapport: Cold Read und Psychoanalysen in der Verführung

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Hallo Community,

ich möchte besser und schneller Menschen lesen und beschreiben können. Könnt ihr Literatur zu Cold Reads oder auch zur Methoden der Psychoanalyse empfehlen?

Ich finde z.b. diese Schlüssel Szene aus dem Film Good Will Hunting sehr genial.

LG,

First Violin

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Was der Therapeut da macht, ist Selbstoffenbarung und Pacing. Cold Reads und Psychoanalyse sind eher das Gegenteil davon - also das, was Will versucht hat.

Literatur dazu wäre Band 1 von Miteinander reden von Schulz von Thun.

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Hey,

was das Cold Reading betrifft, empfehle ich wärmstens den Klassiker, das "Full Facts Book of Cold Reading" von Ian Rowland. Auch gibt es ja einiges zum Thema Profiling bzw. Körpersprache, aus der man auch sehr viel rauslesen kann, z.B. die Bücher von John Navarro. Psychoanalyse zu betreiben halte ich allerdings für übertrieben; sicherlich schadet es nicht, sich auch beim Flirten mit beispielsweise Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomenen auszukennen, doch genügt meist Menschenkenntnis, echte Neugierde am Leben des Gegenübers, zuhören können und ein wenig Kalibrieren aus, um dir ein gutes Bild von deinem Gesprächspartner machen zu können. Alles andere ist meist Gepose auf hohem Niveau oder artet in Manipulationsversuche aus ("Aha, die Kleine hat nen Daddy-Komplex, da geh ich doch gleich mal in den Vaterframe").

Herzliche Grüße,

Tsukune

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Hey silentseducer,

Der Begriff der Übertragung stammt aus der Tiefenpsychologie, insbesondere der Psychoanalyse. Er bezeichnet dort den Vorgang, dass ein Mensch alte – oftmals verdrängte – Gefühle, Affekte, Erwartungen (insbesondere Rollenerwartungen), Wünsche und Befürchtungen aus der Kindheit unbewusst auf neue soziale Beziehungen überträgt und reaktiviert. Ursprünglich können diese Gefühle auf die Eltern oder Geschwister bezogen gewesen sein, bleiben aber auch nach der Ablösung aus dem Elternhaus in der Psyche präsent und wirken dort weiter. Dieser Vorgang ist zunächst weitestgehend normal und weit verbreitet, kann aber, wenn die übertragenen Gefühle sich gegenüber tatsächlichen gegenwärtigen Beziehungen als nicht angemessen erweisen, zu erheblichen Problemen und Spannungen.

Als Gegenübertragung bezeichnet man in der Psychoanalyse eine Form der Übertragung, bei der ein Therapeut auf den Patienten (bzw. auf dessen aus Übertragungsphänomenen hervorgehenden Handlungen und Äußerungen) reagiert und seinerseits seine eigenen Gefühle, Vorurteile, Erwartungen und Wünsche auf diesen richtet. Der Therapeut verlässt hierbei aus verschiedenen Motiven – in der Regel vorübergehend – seine neutrale Position. Daher galt die Gegenübertragung in den Anfängen der Psychoanalyse als störender Einfluss, den der Therapeut sich bewusst machen und beseitigen müsse. Die moderne Psychoanalyse sieht die Gefühle des Therapeuten gegenüber dem Patienten auch als „Resonanzboden“, durch den er Informationen über den Patienten gewinnt.

Quelle: Wikipedia

anhand der obigen Beschreibungen kann man herleiten, wo in dieser Thematik der Hase läuft. Reagiert eine Frau beispielsweise beim Flirten eigenartig, muss das nicht unbedingt an meinem Verhalten direkt liegen, sondern einer prägenden Erfahrung, die sie in einem früheren Kontext (besonders während der psychosexuellen Entwicklung in der Kindheit) bereits gemacht hatte und nun unbewusst mit der Situation in Verbindung bringt. Das kann mitunter bis zur Regression gehen. Ist mir das klar und weiß ich, welche Trigger die Fixierung aktivieren, hätte ich beispielsweise die Möglichkeit, sie an dieser Stelle ziemlich zu manipulieren (siehe die bereits erwähnten Daddy Issues, denen eine Fixierung in der phallischen Phase zugrunde liegt).

Die Gegenübertragung ist im Prinzip dasselbe in grün. Nur dass ich mir an dieser Stelle über meine eigenen Trigger im Klaren werde und somit mich selbst (und in der Interaktion auch den anderen) besser verstehen lerne. Um beim Beispiel zu bleiben, wenn besagtes Gegenüber auf meinen Daddy-Frame mit starkem Tiefstatus reagiert - und ich sie daraufhin ungewohnt vertraut behandle oder mich stark zu ihr hingezogen fühle, könnte das daran liegen, dass meine erste Freundin einst ebenso reagiert hatte und ich das mit ihr verbinde. D.h. in diesem Fall sehe ich in ihr mehr meine erste Partnerin und weniger sie selbst als eigenständiges Individuum, was ganz schön doof sein kann. Dass ich dieses Wissen nutzen kann, sei es, um mich selbst "runterzubringen" oder entsprechende Frames leichter anzunehmen, sollte auf der Hand liegen.

Herzliche Grüße,

Tsukune

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Hey,

also ich hab mir jetzt über die "Blick ins Buch" Funktion auf...

http://www.amazon.de/Miteinander-reden-Kl%C3%A4rungen-Psychologie-Kommunikation/dp/3499174898/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1429821413&sr=8-1&keywords=Miteinander+reden+von+Schulz+von+Thun

den Selbstoffenbarungs Teil durchgelesen. Mir scheint es so, als ob der Therapeut, die Selbstoffenbarung verwendet um Vertrauen bei Will erzeugt, indem er indirekt viel Informationen von sich Preis gibt, da Will dieses braucht, da er in der Vergangenheit ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu Menschen entwickelt hat. Und das Pacing verwendet er bei Will als Lehrfunktion, um Wills "negatives" Verhalten Will selbst zuspiegeln. Coole Sache.

Alles andere ist meist Gepose auf hohem Niveau oder artet in Manipulationsversuche aus ("Aha, die Kleine hat nen Daddy-Komplex, da geh ich doch gleich mal in den Vaterframe").

Ja, stimmt. Aber ehrlich gesagt ist dieses Gepose in kürzester Zeit (Day 1) ziemlich cool. 8-) (Situation ab 1:10, leider auf Englisch)

https://www.youtube.com/watch?v=unQy3k4vrd0

Ich möchte gerne auch meine Cold Reads präzisieren und ihre Wirkung verstärken. Weg von diesen Standarts wie:

  • Du scheinst, [allgemeingültige Aussage] und [allgemeingültige Aussage] zu sein, weil Du [allgemeingültige Aussage] bist. Du hast bestimmt schon mal in deiner Vergangenheit [allgemeingültiges Erlebnis] erlebt.

und mehr in Richtung...

  • Du scheinst, [allgemeingültige Aussage für Profil A] und [allgemeingültige Aussage für Profil A] zu sein, weil Du [allgemeingültige Aussage für Profil A] bist. Du hast bestimmt schon mal in deiner Vergangenheit [allgemeingültiges Erlebnis für Profil A] erlebt.

Beispielweise wie Vesper James Bond z.b. in das Profil (M16, Waisenkind(->Gegenübertragung/Trigger??),Selbstbewusster und Nazistischer Killer für die Krone) eingeordnet hat. Ich versuche da irgendwie ein System zu erkennen und mehr die Funktionen der sprachlichen Werkzeuge mir bewusster zu machen.

Fragen:

Habt ihr da vielleicht noch mehr anschauliches zu empfehlen? Was kann man den tun bzw. welche Fragen und was für Fragetypen kann man gezielt stellen, um mein Gegenüber effektiv & schnell in ein gewisses Profil einzuordnen? Z.b. in so ein Enneagramm-Profil (http://www.enneagramm.de/enneagramm.php?aktion=typen)

First Violin

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Hey First Violin,

Was kann man den tun bzw. welche Fragen und was für Fragetypen kann man gezielt stellen, um mein Gegenüber effektiv & schnell in ein gewisses Profil einzuordnen?

vielleicht wäre da ja auch "Wort sei Dank" von Shelle Rose Charvet, der Entwicklerin des LAB-Profiling was. Da geht es in erster Linie darum, anhand dessen was bzw. wie eine Person etwas sagt, Rückschlüsse auf ihr allgemeines Verhalten (zB durch was sie motiviert wird, ob sie eher anpackt oder abwartet...) zu treffen. Es wurde eigentlich fürs Personalwesen entwickelt, um den richtigen Mann/Frau für eine Stelle mit bestimmten Anforderungen zu finden und beruht auf den NLP-Metaprogrammen. Damit kannst du durch reines Zuhören und ein paar unverfängliche Fragen schon eine Menge darüber in Erfahrung bringen, wie dein Gegenüber tickt, ohne in seiner Vergangenheit wühlen zu müssen.

Herzliche Grüße,

Tsukune

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Mir scheint es so, als ob der Therapeut, die Selbstoffenbarung verwendet um Vertrauen bei Will erzeugt, indem er indirekt viel Informationen von sich Preis gibt, da Will dieses braucht, da er in der Vergangenheit ein gestörtes Vertrauensverhältnis zu Menschen entwickelt hat. Und das Pacing verwendet er bei Will als Lehrfunktion, um Wills "negatives" Verhalten Will selbst zuspiegeln. Coole Sache.

Jap. Cool und auch ziemlich traurig.

Ich denke, Will nutzt seine Hochbegabung, um andere Leute auf Distanz zu halten. Er analysiert sein Gegenüber. Geht also auf eine Metaebene, auf der er der direkten zwischenmenschlichen Konfrontation ausweicht. Weil er über der Situation steht.

Die klassische Erklärung dafür ist, dass er sich damit als Kind gegenüber seinem gewalttätigen Vater geschützt hat. Auf den war er einerseits emotional angewiesen, andererseits konnte er ihm nicht vertrauen. Seitdem ist er vorsichtig geworden, und hält Leute vorsorglich auf Distanz.

Gleichzeitig testet er mit seinen Analysen die Leute auch. Ist ja nicht so, dass er kein Interesse an zwischenmenschlichen Beziehungen hätte. Nur fällt ihm schwer, sich einzulassen - und das führt dann zu den ganzen Komplikationen auf der Sachebene.

Die beiden vorherigen Therapeuten im Film fallen durch seine Tests durch. Die wollen Will von einer Metaebene aus analysieren - und der schiebt ihnen ihre eigenen Methoden unsanft in den Hintern. Damit sind die überfordert und ergreifen die Flucht.

Der Therapeut in der Szene fühlt sich zunächst auch angegriffen - weicht der Konfrontation aber nicht aus. Er läßt sich auf Wills Analyse ein, denkt drüber nach und entscheidet dann für sich, was er davon hält. Er geht dabei auch auf eine Metaebene. Das ist das Pacing - und auch schon ein Stück Leading.

Der Therapeut betreibt sozusagen Beziehungsklärung, indem er für sich klärt, welche Haltung er sich selbst gegenüber im Kontakt mit Will hat. Das erklärt er dann Will - und damit führt er das Leading weiter. Indem er durch seine Selbstoffenbarung ein Beziehungsangebot macht. Und, indem er es Will überläßt, ob der drauf eingeht.

Will merkt dabei, dass der Therapeut mit etwas umgehen kann, wovor er selbst Schiss hat. Darum läßt er sich drauf ein.

ehrlich gesagt ist dieses Gepose in kürzester Zeit (Day 1) ziemlich cool.

Ist genau genommen eher uncool. Unter anderem, weil man mit jeder Analyse per se immer falsch liegt. Und, weil man sich immer dahinter verstecken will.

Was nicht bedeuten soll, dass man nicht uncool sein dürfte.

Beispielweise wie Vesper James Bond z.b. in das Profil (M16, Waisenkind(->Gegenübertragung/Trigger??),Selbstbewusster und Nazistischer Killer für die Krone) eingeordnet hat. Ich versuche da irgendwie ein System zu erkennen und mehr die Funktionen der sprachlichen Werkzeuge mir bewusster zu machen.

Das tatsächliche System hat Tsukune beschrieben. Empathie, Selbstreflexion und Kommunikation. Sprachliche Werkzeuge sind meiner Meinung nach ziemlich egal. Weils weniger drauf ankommt, was du sagst - und mehr, wie du es sagst.

Cool von Bond ist, dass er Verspers analytischen Etappensieg sportlich nimmt. Damit bleibt er im Rennen.

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Gast lessons

Ich habe keine Ahnung von Psychologie. Der Spruch des Professors von wegen du warst nie in der Sixtinischen Kapelle, war hart. Er weiß genau, dass Will aus proletarischen Verhältnissen kommt und bislang keine Chance hatte, nach Italien zu kommen. Will hatte nur seine Intelligenz und Bücher, er ist ein Emporkömmling und steht noch ganz am Anfang. Und auch die Attitüde des Professors, ihm erstmal den unterschiedlichen Erfahrungshorizont aufgrund des Altersunterschieds unter die Nase zu reiben ist in meinen Augen recht billig. Ich an Stelle von Will hätte es als Retourkutsche für die Aktion mit dem Bild gesehen und hätte gedacht: o.k. jetzt stehts 1:1.

Für mich ist das Machtkampf und Schwanzvergleich. Da kann der Prof. noch so verständnisvoll tun von wegen Oliver Twist etc. Er hat ja direkt zu Beginn gesagt, wie hart ihn Wills Kommentare getroffen hatten. Finde ich eher unklug.

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Wenn jemand "cool" tippt, dann hat das mit dir erstmal gar nix zu tun. Bei dir passiert erst in dem Moment was, in dem das Getippte einen Sinnesreiz auf deiner Netzhaut auslöst. Und das wars dann auch gleich schon wieder mit dem Passieren. Alles was danach kommt, passiert nicht mehr, sondern wird von dir selbst aktiv erzeugt. Du nimmst den Reiz wahr, und verarbeitest, interpretierst und bewertest.

Du wirst nicht gepaced, sondern wenn, dann paced du dich selbst. Und zwar nur dann, wenn du das willst. Insofern lohnt es sich auch nicht unbedingt, zu viel Energie in solche Methoden zu stecken. Weil, wenn sie kein Interesse hat, dann wird sie sich nicht pacen. Egal, was du machst. Und wenn sie dich will, dann kannste den größten Blödsinn erzählen - und sie wird hin und weg sein.

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Hi @ll,

Thema tiefen Psychologie: Die Psyche nach diesem Paradigma besteht aus dem Es (Trieb), dem Ich (vermittler zwischen Es und Über-Ich und Prüfer ob Dinge möglich sind) und Über-Ich (moralische Instanz, von Eltern gerprägt.)

Menschenbild: Der Mensch wird von seinen Trieben geleitet-> Ziel ist seine Bedürfnisse und Triebe zu befriedigen.

Cold Reading: Buch EX NIHIL Angelo Stagnaro

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Hey Jonny_Peppa,

Freuds Vorstellung von geistiger Gesundheit war es nicht, dem Es und dessen Triebimpulsen zu folgen, sondern dass sich im psychisch gesunden Verhalten eines Menschen die Bedürfnisse des Es (Trieb), die Ansprüche des Über-Ich (Moral und Werte) und die Anforderungen der Realität (Ich) wieder- und im Einklang befinden. Dabei ist keiner der Teile dieses Strukturmodells unwichtiger als der andere, sondern um als Individuum in einer Gesellschaft und als Teil der Welt zu funktionieren, müssen alle drei Anteile zum Wohl des Ganzen zusammenarbeiten. Ziel ist es also eher, eine Balance zu finden.

Gibt es die nicht, ist beispielsweise ein Es-Impuls nicht lebbar bzw. steht im Konflikt mit anderen Instanzen, können psychische Abwehrmechanismen diesen unterdrücken (z.B. bei der Sublimierung, bei dem ein gesellschaftlich nicht geduldeter Triebwunsch in eine akzeptable Ersatzhandlung umgewandelt wird. Der Lehrbuchfall wäre der Pädophile, dessen Interesse ganz in der Kunst der Antike aufgeht). Mitunter schlägt die Abwehr aber auch fehl, misslingt oder ist übertrieben und es kommt unter Umständen zu Dekompensation bzw. Pathologie.

Klassische psychodynamische Erklärungsmodelle werden der multifaktoriellen Realität der psychischen Entwicklung und Reifung aber nicht gerecht. Daher wäre es fatal, sich über einen Menschen nur anhand diesem Modell ein Bild zu machen. Und es ist zu kurz gedacht, den eigenen Trieb als das Maß aller Dinge anzusehen.

Herzliche Grüße,

Tsukune

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