Wie geht ihr mit dem älter werden eurer Eltern um?

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Hallo Leute,

ich bin gerade etwas traurig. Heute Nachmittag habe ich mit meinem Stiefvater telefoniert.

Meine Mutter hat heute morgen extreme Schmerzen im linken Arm bekommen. Die Schmerzen wurden so stark, dass sie in Ohnmacht gefallen, und gegen eine Kommode geknallt ist. Kurz darauf ging es ihr wieder besser. Sie war bei einem Chirug und der hat ihr nichts ausser Schmerztabletten gegeben. Was ich eigentlich unverantwortlich finde, weil man aus der Situation doch schon raushört, dass es nicht an normalen Schmerzen im Arm lag.

Für mich klingt es entweder psychisch oder, dass irgendetwas mit dem Herzen nicht stimmt.

Meine Mutter gibt sich ziemlich "taff" und will auch morgen wieder arbeiten und auch keinen anderen Arzt um Rat bitten oder sich zumindest noch einmal woanders untersuchen lassen.

Ich war gerade bei meinem Stiefvater und meiner Mutter zu Hause und obwohl mein Stiefvater auch ein ziemlich Realist ist, habe ich ihm anmerkt, dass er sich doch starke Sorgen macht und sie am liebsten zwingen würde sich endlich auszuruhen.

Da ich die größte Zeit meines Lebens, keinen guten Draht zu meiner Mutter hatte, trifft mich dass umso mehr, da mir nun einfach klar wird, dass sie sterblich ist und ich wahnsinnige Angst davor habe, dass ihr was passiert.

Als Kind, war ich immer relativ bedacht darauf, dass es ihr gut geht. Und ich habe mir ziemlich viele Aufgaben aufgebrummt, um sie glücklich zu stellen. Vielleicht verstärkt, diese "helfende Ader" gerade mein Problem. Dazu muss ich aber auch sagen, dass meine Mutter sich oft "schwach" gegeben hat und ich als Kind natürlich dachte, ich wär daran schuld. Das Thema habe ich in der Psychotherapie aber auch schon oft genug besprochen. Aber dieses "verantwortlich fühlen" ging nie ganz weg.

Ich finde den Tod an sich, einfach das realste, was es gibt. Bestimmte, menschliche Problem kann man oft lösen. Es gibt oft einen Weg aus etwas heraus aber der Tod, bleibt der Tod. Man kann ihn nicht wegzaubern oder sonst was.

Ich habe das Gefühl, dass ich es derzeit nicht verkraften würde, wenn meiner Mutter oder meinem Stiefvater (dem es übrigens auch nicht gut geht), etwas passieren würde.

Bei mir löst der Gedanke an die Endlichkeit schon wahnsinnig starke, melancholische Gefühle aus.

Das meine Mutter, sich nicht helfen lassen wird, macht mich auch fertig. Ihr kennt sicher diese Arten von Persönlichkeiten ("das klappt schon", "mir gehts schon wieder besser" usw.).

Ich muss mich davon frei machen, ihr helfen zu wollen, weil ich dann leiden werde, aber wie mach ich das am besten. Wie würdet ihr an meiner Stelle umgehen und wie geht ihr allgemein mit dem Thema um, dass ich hier beschrieben habe?

Ich freue mich auf Antworten.

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Gast

Hi Bounce,

wie alt bist du?

Das Leben, der Tod, Siechtum, Schmerz, Veränderung, Schwäche und Hinfälligkeit sind ganz normale Themen. Jeder geht damit komplett anders um und ich habe in meinem Leben schon viele Leute getroffen, die zu gewissen Extremen neigen. Vom Base-Jumper mit Model-Aussehen bis zum Aids-Kranken um Endstadium.

Geh einfach davon aus, alles ist endlich. Du, ich, dieser ganze Planet. Der Verlust eines oder beider Elternteile wird einem Menschen erst dann so richtig klar, wenn diese das erste Mal die Schwelle der normalen Alterserscheinungen überschreiten und das Alter ernsthaft in Erscheinung tritt. Was aber für dich viel wichtiger sein sollte und dir die Last oder die Schuldgefühle nehmen kann ist, dir die Frage zu stellen, wie deine Eltern selbst auf das Alter reagieren.

Ich kann nicht direkt von meinen Eltern sprechen, aber zumindest von meiner Oma, die nicht umsonst GroßMUTTER heißt. Ich habe meine Oma sehr bewundert, die ihre Krebserkrankung trotz extremer Schmerzen immer versucht hat, von den Menschen um sie herum fernzuhalten. Am Ende sah sie aus wie eine geschmolzene Wachskerze, mit trüben Augen, eingefallener Haut und kaum mehr zu eine paar Seufzern fähig. Trotzdem wusste ich, sie hätte zwar gern weiter gelebt, war mit ihren 83 Jahren aber sehr zufrieden.

Das Helfen in einer derartigen Situation ist schwierig. Du kannst einfach nur versuchen, die Menschen so normal wie möglich zu behandeln, als ob alles völlig normal wäre, aber zieh dich zurück, wenn etwas persönlich wird.

Versuche auch nicht, deine Mutter zu verändern. Wenn sie keine Hilfe will, dann will sie keine Hilfe. Sie wird dich wegstoßen, dir böse sein - weil du ihr Sohn bist. Hätte/Hat sie eine Tochter, ist das anders, was ich auch von Freundinnen so kenne.

Was du eben nicht machen solltest ist sie wie ein kleines Kind zu behandeln, denn das wäre würdelos und würde zu negativen Reaktionen ihrerseits führen. Du bist ihr Sohn, also verhalte dich auch so. Hattest du ein schlechtes Verhältnis zu ihr? - Werd erwachsen und regele das! Nichts befreit mehr, als mit seinen Eltern im Reinen zu sein.

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Ich kann Dich sehr gut verstehen. Es ist das einzige, vor dem ich Angst habe. Egal, wie sehr mich manches stört, ich liebe meine Eltern und sie mich. Meine Mutter würde dazu sagen, dass es der Kreislauf des Lebens ist und mich trösten. Ich habe erlebt wie sie mit dem Tod ihrer Eltern umgehen musste und so will es die Natur. Im Herzen bleiben sie aber man sollte vorher reinen Tisch machen, wenn man nicht klar davor ist.

Eine meiner besten Freundinnen hat ihren Vater vor drei Jahren unerwartet verloren, zu dem sie nie ein so dolles Verhältnis hatte. Sie dachte immer, er stände auch zwischen ihr und ihrer Mutter und nun weiß sie heute schmerzlich, dass das nicht der Fall war. Denn das Verhältnis zur Mutter ist nicht besser geworden danach, eher umgekehrt.

Mir werden meine Freunde helfen und das Wissen um unsere gegenseitige Liebe aber trotzdem graut es einem davor. Meine Eltern sind auch schon etwas älter und ich verdränge das gerne. Gesundheitlich ist da schon einiges aber sie sprechen nicht drüber oder sehr selten weil sie Jammerlappen nicht mögen. Darum sicher auch die Reaktion Deiner Mutter. Gibt viele Möglichkeiten bei ihr, warum es genau dort schmerzt. Am Ende haben sie ihre eigene Verantwortung für ihr Leben. Mich nervt es auch, wenn ich erkältet bin und mir sagen lassen muss, mir fehlen Salbeibonbons, weil ohne kann ich nicht gesund werden *aaarrrrrggghhhh*. Irgendwann wird niemand mehr anrufen und es mir sagen und ich werde an meine Mutter denken und sie ihr zu Liebe kaufen. Bestimmt mit Tränen im Auge und dem Wissen, dass sie mich geliebt hat und es immer tun wird.

Versuche einfach alles für Dich heute zu klären, was geht, was Dir wichtig ist. Meine Mutter erzählt wenig aus der Kindheit nach dem Krieg aber wenn ist es sehr berührend das zu erfahren, was sie geprägt hat und es erklärt mir warum sie so ist wie sie ist. Das macht es leichter. Sie wollte, dass ich anders werde und dafür danke ich ihr sehr. Darum ist es nicht immer leicht für uns beide. Versuche vielleicht, einen Weg zu finden, sie zu verstehen, auch wenn Du es nicht gut findest wie sie da so sind. Man kommt sich aber dadurch näher. Ich habe nach meiner Familie gefragt und weiß einiges über die Vorfahren, auch, ob es besondere Krankheiten gab. Wer Interesse zeigt, der ist auch interessant. Es gibt viel, was Du tun kannst.

bearbeitet von Keltica
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Beide Postings finde ich sehr bewegend.

Ich bin 25. Meine Mutter und mein Stiefvater sind 60 Jahre alt. Mein Erzeuger ist auch 60 aber der möchte irgendwie keinen Kontakt und wohnt auch in einer anderen Stadt.

@Keltica: ich habe heute mit ansehen müssen, wie mein Stiefvater sie wie ein Kind behandelt hat. Aber er macht es ja nicht böswillig. Er will sie einfach nur dazu bringen, dass sie sich von diesem Ohnmachtsanfall erholt und ruhe hat. Sie ging sprichwörtlich an die Decke uns sagte ihm, dass sie das selber entscheiden könnte.

Meine Mutter war eine ganz schlimme Frau in meiner Kindheit. Manipulierend, Schuld- und Angsteinflößend, Gewalttätig usw. Aber sie hat starke Leiden davon getragen, denn heute hat sie die extremen Schuldgefühle, da ich auch psychisch nicht ganz fit bin und mein älterer Bruder eine starke Psychose bekommen hat (ob sie nun wegen der Kindheit ausgebrochen ist, kann man ja nicht genau sagen). Aber das schmerzt alles so unendlich, wenn ich das hier aufschreibe. Wer weiß denn, wie lange sie noch lebt. Und immernoch sieht man die Trauer in ihren Augen, weil sie uns das alles angetan hat. Ich würde ihr die Schuld so gerne nehmen, weil ich heute mit mir zufrieden bin. Trotz Angststörung. Aber ich bin einfach nur machtlos. Zudem bin ich auch sehr im Umgang mit meiner Mutter verunsichert, weil mir mein Therapeut immer sagt, dass mein Verhalten, nicht anderes signalisiert, als dass ich mich NICHT abnabeln will und ich erst wieder freien Zugang zu meiner Mutter bekomme, wenn ich sie loslassen kann. Sein Spruch ist immer "sie wollen noch eine Mutter haben". Ja! will ich auch irgendwie. Auch mit 25, will ich eine Mutter haben. Solange sie noch da ist, möchte ich sie weiterhin kennenlernen und wissen wer sie ist. Sehr kompliziert irgendwie alles. Ich weiß halt nicht immer, wieso ich handel, wie ich handel.

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Ich will auch eine Mutter haben aber ich verstehe Deinen Therapeuten so, dass Du die "Funktion" einer Mutter immer noch suchst, die sich um Dein Inneres kümmert? Kann das sein? Es ist bestimmt schwer für Dich aber ein Weg könnte der sein, ihr zu vergeben und dankbar zu sein wie gut es Dir heute wieder geht.

Du kannst keine Schuld nehmen und vielleicht geht es nicht darum, was war. Es geht um das, was heute noch sein kann, um das Hier und Jetzt und genau dem würde ich eine Chance geben. Weg von dem, was war, hin zu dem, was sie Dir noch geben kann. Dass es da Möglichkeiten geben kann. Vielleicht hilft Euch das beiden, das sie merkt, sie kann jetzt etwas tun, heute etwas positiv bewegen, denn sie scheint ja zu leiden wegen der Vergangenheit.

Es geht darum, das aus dem Heute mitzunehmen, was geht, sich auf das Positive zu konzentrieren. Dein Stiefvater hat eben einen etwas übertriebenen Beschützerinstinkt. Vielleicht kannst Du ihm das ja mal von Mann zu Mann beibringen, dass er ihr damit so richtig vermittelt, unfähig zu sein. Ihr also mehr schadet als nützt.

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Wann man stirbt ist weniger wichtig, viel wichtiger ist wie man lebt.

Sieh zu, dass du ihnen das Leben noch versüßt (wenn dir das wichtig ist), solange du noch die Möglichkeit dazu hast.

Mein Großvater ist qualvoll mit 67 abgetreten. Traurig, aber bei weitem nicht so traurig wie seine Lebensweise.

Nur weiterlesen, wenn du das auch verkraftest:

Ich finde, deine Mutter hat ziemlich viel Mist in ihrem Leben gebaut. Karma schlägt nun zu und das nicht zu Unrecht.

Sie war ihren eigenen Kindern gegenüber eine schlechte Mutter, durch ihre Gewalttätigkeit und "Misshandlung" (je nachdem wie schwerwiegend es nun wirklich war) hat sie die Psyche beider Kinder ziemlich in den Dreck gezogen, einer davon sucht noch heute nach jemanden, der sich um seine Psyche kümmert und der andere läuft unglücklich mit einer Psychose durch die Welt.

Ihre Einsicht kommt viel zu spät.

Rumheulen bringt nichts, denn ob du damit klar kommst oder nicht, dem Tod ist's völlig egal, er wird früher oder später kommen. Er wird noch nicht einmal unbedingt anklopfen, wenn du Pech hast, tritt er die Tür ein.

Endlichkeit ist traurig, aber ohne sie würdest du deinen Arsch nicht aus dem Haus bewegen.

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Aber ich werde die Aufgabe sicher nicht übernehmen, ihr Leben noch zu versüßen. Es steht doch auch garnicht in meiner Macht, dies zu tun!

Karma hin oder her. Ich finde, dass jeder der Einsicht zeigt und reflektieren kann, wie er schlimm er drauf war, es verdient hat, trotzdem noch glücklich zu werden und ich hoffe du verstehst, dass ich genau das, meiner Mutter wünsche.

Ich möchte auch nicht schönreden wie sie war. Sie war eine schlechte Mutter garkeine Frage. Aber als Kind der Nachkriegszeit, mit einem Vater der Hitler gedient hat und einer Mutter die Jüdin war, kann man sich ja vorstellen, was sie mitgemacht hat.

Ich kann deinen Post nachvollziehen aber als sie mich und meinen Bruder erzog, hatte sie nicht das seelische Werkzeug, es gut zu machen. Mein Vater ist abgehauen, als ich 3 war und hat uns in einem riesengroßen, verlassenen Bauernhaus sitzen gelassen.

Ich kenne ein Buch, dass mir sehr gefiel, dass beschrieb, dass trotz dieser ganzen, miesen Umständen, meine Mutter die Schuld behält, weil sie schlicht und einfach die Verantwortung hatte aber irgendwie ist es doch trotzdem klar, dass ich sie jetzt nicht leiden sehen möchte.

Ich bin sehr sozial und emphatisch. Ich kann nicht sagen "ey du hast mich als Kind kalt abgeduscht und verprügelt, ich scheiss auf dich". Das funktioniert nicht. Ich verdränge die Vergangenheit ja auch nicht. Ich bin mir darüber im klaren, was da war aber sie ist und bleibt meine Mutter.

bearbeitet von Bounce187

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Solange sie noch da ist, möchte ich sie weiterhin kennenlernen und wissen wer sie ist. Sehr kompliziert irgendwie alles.

Dann tu das. Für alle komplizierten Dinge des Lebens gibt es eine simple Lösung.

Die simpelste die mir hier einfällt ist dass du dir deine Mutter schnappst und mit ihr etwas unternimmst. Etwas ruhiges wobei ihr euch unterhalten könnt und vielleicht ne Kleinigkeit zu tun habt wie Kaffee trinken. Dazu kannst du dir auch noch einen Ort überlegen an dem sie sich wohl fühlt, muss aber nicht sein. Besser ein Ort an dem du dich wohl fühlst. Ich fände einen Coffee2Go nett, den du immer mitbringen kannst. Und dann erzählst DU ihr von DIR. Kleine persönliche Dinge die dich bewegen. Dinge die du gerne tust und warum du sie tust. Mach das regelmäßig. zb 1/Woche.

Damit gibst du ihr die Chance dich kennen zu lernen was ihr sehr viel bedeuten wird und sei dann nicht zu erschrocken wenn sie dir plötzlich beginnt persönliche Dinge von sich zu erzählen.

Zu deiner Frage wie wir mit dem Tod umgehen:

Früher hatte ich auch die Angst dass meine Eltern sterben könnten. Es nahm immer mehr ab je mehr Verantwortung ich für mich übernommen habe. Es nahm wieder zu als mein Vater krank wurde. Inzwischen ist der Gedanke dass meine Eltern sterben werden sehr rein. Es ist schwer auszudrücken: Ich werde natürlich sehr traurig sein wenns so weit gekommen ist und danach werde ich lächeln beginnen und Glücklich darüber sein. Ich werde sie in schöner Erinnerung behalten. Sie hatten einen langen Weg mit viel auf und ab. Ich hatte es mit ihnen nicht immer leicht. Sie hatten es in folge mit mir nicht immer leicht. Und was bleibt sind schöne Erinnerungen. Auch die schlimmen Erinnerungen sind schöne Erinnerungen, weil ich die Menschen jetzt kenne.

Ich besuche meine Mutter im übrigen ~1 mal die Woche und bringe Kaffee mit ;-)

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