Die Geschichte meines Selbstwerts oder: Wie eine Oneitis zur Lebenskrise wurde

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Nach langem Zögern habe ich mich nun doch entschlossen, hier mal dem Rat von Helmut_AUT zu folgen und mein Seelenleben zu offenbaren, um erste Hilfe zu suchen.

Ich stecke seit über drei Monaten in einer Lebenskrise fest, aus der ich irgendwie nicht mehr herauskomme. Auslöser dafür war die Ablehnung einer Frau, in die ich mich sehr verliebt hatte und die mir mit schmerzhafter Ehrlichkeit meine Defizite vor Augen führte.

 

Kurze Vorgeschichte:

Ich habe ein Mädchen kennengelernt und mit ihr ein paar sehr schöne Tage verbracht. Ich war mir sicher, dass zwischen uns was läuft, bis ich sie mit jemandem anders gesehen habe. Eigentlich etwas harmloses aber ich bin darüber vollkommen zusammengebrochen. Als wir drüber gesprochen haben, ist mir die Luft weggeblieben. Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht will, dass sie mich durch den nächsten ersetzt und musste mit den Tränen kämpfen. Ab diesem Moment ist mein Frame komplett zerbröckelt. Sie ging sofort auf Distanz, ließ keine Nähe mehr zu. Sex hatte sich erledigt. Ich habe es über einen Monat versucht wieder zu kitten aber alles nur noch schlimmer gemacht. Sie hielt Kontakt, wollte aber nur Freundschaft. Mittlerweile ist jegliche Kommunikation zum Erliegen gekommen. Sie hat wahrscheinlich einen neuen. Die Details stehen in diesem Topic.

Mit einigem Abstand, viel Selbstreflexion und mit Hilfe der Kollegen hier im Pick-Up-Forum ist mir das ganze Ausmaß meines Verhaltens erst bewusst geworden und ich weiß mittlerweile was mein Problem ist: ein offenbar ziemlich ausgeprägter Minderwertigkeitskomplex und furchtbare Angst vor Zurückweisung.

 

Zu mir (bin Anfang 30):

Kindheit und Eltern:

Ich habe von meinen Eltern aus leider wenig Selbstbewusstsein mit auf den Lebensweg bekommen. Eher im Gegenteil. Mein Vater ist sehr autoritär, cholerisch, dem Alkohol nicht abgeneigt, duldet keine Widerrede und interessiert sich für mein Leben in keinster Weise. Bei allem was ich gemacht habe war ich entweder "zu blöd" oder hatte "zwei Linke Hände". Fehler hatten häufig drastische Konsequenzen. Verbal und physisch. Ich bin heute erwachsen und habe viele Herausforderungen im Leben gemeistert aber wenn mein Vater laut wird, steigt mein Puls sofort auf 200 und ich bringe keinen Ton mehr heraus. Ich habe mit ihm noch nie über Dinge gesprochen, die über die Qualität von "wie ist das Wetter bei dir" hinausgingen.

Meine Mutter hat sich sehr um mich gekümmert, hat allerdings, auch durch meinen Vater bedingt, ein sehr schlechtes Selbsbewusstsein. Sie kann nicht über Gefühle sprechen, hatte bei meiner Erziehung stressbedingt sehr wenig Geduld und ist ebenfalls schnell laut geworden. Sie meint es gut mit mir, neigt aber zu einer sehr pessimistischen Weltsicht, nach dem Motto: Ja, andere können sowas vielleicht aber du? Das schaffst du doch nicht. Das bist du doch nicht. Etc.

Ich glaube, an dieser Stelle brauche ich nicht mehr erwähnen, dass ich damals nie über so etwas wie Beziehungen oder Frauen sprechen konnte, geschweige denn mit diesen auf einem Level interagieren, dass über Smalltalk hinausging. Selbst wenn ich eine gemocht habe, wäre ich damals nie in der Lage gewesen sie anzusprechen. Alleine schon wegen des Gedankens, sie irgendwann meinen Eltern vorstellen zu müssen. Das war für mich ein Alptraum. Zu meinen mentalen Defiziten kam mein zierlicher Körperbau. Da ich in dem Alter keine Ahnung davon hatte was Frauen wollen, folgerte ich, das Desinteresse von Mädchen müsse mit meinem Äußeren zu tun haben. Ich hielt mich selbst für ausgesprochen hässlich. Mein Minderwertigkeitskomplex war "perfekt".

Liebe und Sex:

Als ich von zu Hause auszog, um zu studieren kam ich unter Leute und blühte ein wenig auf. Mit Anfang 20 war ich das erste Mal verliebt. Ich hab es derjenigen aber nie gesagt. Sie hatte zudem einen Freund. Es blieb mein Geheimnis. Meine zaghaften Versuche Frauen anzusprechen und mit ihnen in Kontakt zu treten blieben erfolglos. Das beste was ich erreichte, war ein allererstes Date, dass jedoch ohne Folgen blieb. Nach wie vor hatte ich keine Ahnung was diese ominösen Frauen eigentlich wollen und was man machen muss, um ihnen zu gefallen. Und ich sage das nicht einfach so dahin, es war mir so unbegreiflich wie das Erfassen der Unendlichkeit des Alls. Ich habe Menschen regelrecht studiert und mich gefragt wie zwei es schaffen zusammenzukommen. Irgendwie konnte mir auch nie jemand eine befriedigende Antwort liefern. Für mich sah die Sache so aus: Ansprechen, X, Profit. Aber was das "X" war, erschloss sich mir nicht.

In meinem Auslandssemester hatte ich dann meine erste "Oneitis". Und die hat mich erstmals richtig auf die Bretter geschickt. Ich hatte mich Hals über Kopf in ein Mädchen verliebt, das einen Freund hatte. Ich war so verliebt, dass ich fast jede freie Minute mit ihr und ihren Freundinnen verbrachte. Von "Friendzone", etc. hatte ich noch nie etwas gehört. Ich war derart verliebt, dass ich mir einbildete sie wäre es auch in mich. In jedem Blick den sie mir zuwarf, sah ich flirten. Irgendwann nahm ich dann meinen ganzen Mut zusammen und gestand ihr an einem Abend auf dem Nachhauseweg, dass ich mich in sie verliebt hatte. Ihre Reaktion: sie fing an zu lachen und meinte, sie wäre total überrascht hätte aber wegen ihres Freundes kein Interesse. Meine komplette Welt begann zu kippen. Zum ersten Mal in meinem Leben gestand ich jemandem meine Gefühle und die Reaktion war Spott. Solche Schmerzen hatte ich noch nie zuvor empfunden. Es wurde auch nicht besser, dass ich sie tagtäglich sah, bis das Semester zu Ende war. Ich brauchte 6 Monate, um über sie hinwegzukommen. Die Lehre, die ich daraus zog war allerdings die falsche: öffne dich niemandem mehr und such das Weite, sobald du etwas für jemanden empfindest.

Mein erstes Mal hatte ich mit Mitte 20. Ein knappes Jahr später. Es war reines Glück. Eine Frau hat mich in nem Club abgeschleppt. Wir gingen zu ihr. Zu meiner eigenen Überraschung habe ich nicht versagt. Ich ging so ran, dass ich mich selbst in dem Moment gar nicht begreifen konnte. Sie war sehr erfahren und hat trotzdem nicht gemerkt, dass es mein erstes Mal war. Wir haben es die ganze Nacht lang getrieben. Am nächsten Morgen habe ich dann auf den Erweckungsmoment gewartet. Aber der kam nicht. Ich fühlte mich einfach nur leer. Das Aha-Erlebnis blieb aus. Sie verliebte sich in mich, ich lehnte ab.

Nun hatte ich aber Blut geleckt was Sex anging und wollte mehr ausprobieren. Da ich aber immer noch nicht wusste wie man mit Frauen spricht, bin ich zu denen gegangen, die keine Fragen stellen, sondern Geld dafür nehmen. Ich habe das ein ganzes Jahr lang durchgezogen. Alle paar Wochen eine andere. Mit einigen wenigen kam sogar gegenseitige Sympathie zustande und dadurch auch richtig guter Sex. Aber weder ging die Leere weg, noch wurde ich schlauer was das Thema zwischenmenschliche Beziehungen anging. Irgendwann war der Reiz am Instant-Sex weg und mir das Geld zu schade.

Mit 30 veränderte sich dann plötzlich einiges. Ich wurde auf einmal locker und realisierte, dass ich ganz und gar nicht unattraktiv war. Im Gegenteil, ich bekam enormen Zuspruch. Ob es am Alter selbst lag oder an der Tatsache, dass ich ein Jahr lang auf mich allein gestellt in ein anderes Land aufbrach, weiß ich nicht. Jedenfalls waren mir Frauen nun im positiven Sinne "egal". Ich hatte kein Problem mehr sie anzusprechen, es war mir egal, was sie von mir hielten, ich war in ihrer Gegenwart nicht mehr nervös. Die erste Frau, die ich selbst verführte, habe ich bei einem Kurzurlaub kennengelernt. Es blieb jedoch aufgrund räumlicher Distanz bei einem ONS, obwohl ich sie gerne wiedergesehen hätte. Danach hatte ich eine kurze und einvernehmliche Sex-Affäre, die dann aber endete, als die Frau einen Partner fand. Also wieder nichts emotionales. In diesem Jahr habe ich mich dann am Online-Dating versucht und war zunächst positiv überrascht. Ich musste nicht mal selbst aktiv werden. Ich wurde angeschrieben und nicht zu knapp. Ein ziemlicher Ego-Boost, auch wenn natürlich nicht alle nach meinem Geschmack waren. Ich hatte eine ganze Reihe von Dates. Ein paar schlechte, ein paar gute. KC noch am selben Abend. Sex kurz darauf. Ich dachte, ich hätte jetzt alles was ich brauche. Das Aussehen, den Charme, das Auftreten...und dann kam "sie".

Meine zweite "Oneitis", die mein wackeliges Kartenhaus zum Einsturz gebracht hat (die eingangs erwähnte Dame). Die mir den dünnen Boden unter den Füßen weggezogen hat und mich in das tiefe Loch darunter hat fallen lassen. Wir haben nur eine kurze Zeit miteinander verbracht aber diese Zeit war unglaublich intensiv. Was von meiner Seite aus eigentlich nur ein weiteres Sex-Date werden sollte wurde sehr schnell mehr. Scheinbar. Wir unternahmen auch Sachen außerhalb des Betts. Verstanden uns prima, hatten denselben Humor, lachten, hatten Spaß. Zum ersten Mal in meinem Leben, bekam ich etwas zurück, was über das körperliche hinausging. Also tat ich das, was ich mir acht Jahre zuvor geschworen habe nie mehr zu tun: ich öffnete mich und erzählte ihr Sachen über mich, die ich noch niemandem vorher erzählt habe. Und ich bereute es abermals. Ich tat es zu früh. Sie wollte nicht mehr. Wollte keine Beziehung. Schon gar nicht mit mir, einem Typen ohne Erfahrung und voller Selbstzweifel. Die Sache war so schnell vorbei wie sie begonnen hatte. Aber ich realisierte erstmals in meinem Leben, was mir all die Jahre lang fehlte: Liebe. Seitdem steht meine Welt auf Kopf, denn diese Zurückweisung und die Erkenntnis warum das alles geschah, zieht sich jetzt durch alle Lebensbereiche.

Ich heute:

positives:

Das mein Leben nach meiner Schulzeit überhaupt einen positiven Verlauf genommen hat, verdanke ich wahrscheinlich einem Entschluss den ich irgendwann mal gefasst habe: Mache all das, wovor du am meisten Angst hast. Ich bin schwach und schüchtern? Gehe zur Bundeswehr! Ich habe Angst vor tiefem Wasser? Mache einen Tauchkurs! Ich habe Angst vor Höhen? Gehe klettern und springe aus einem Flugzeug! Ich habe Angst vor Menschenmassen? Stehe auf einer Bühne und rede vor hunderten! Ich habe Angst Frauen anzusprechen? Sprich einfach eine an, die dir gefällt! Ich habe Angst vor Selbstständigkeit? Gehe für mehrere Monate in ein anderes Land!

Ich habe in meinem Leben viel erlebt. Zu den meisten Sachen musste ich mich zwingen, habe sie aber nie bereut. Ich habe ein abgeschlossenes Studium und habe Freunde auf der ganzen Welt. Meine Zweifel mein Äußeres betreffend haben sich vollständig in Luft aufgelöst. Ich bin groß, schlank, sportlich sehr aktiv und gut trainiert, habe Humor, Charme und bin redegewandt, komme spielend mit Menschen ins Gespräch, bin sehr empathisch und Frauen mögen mich. Ich bin ehrlich, loyal, dankbar für jede Erfahrung. Wer es einmal geschafft hat, bis in mein Herz vorzudringen, bleibt dort. Für immer. Ich bin sehr aufmerksam und mir entgeht kein Detail. Ich kann auf Anhieb zwanzig Einzelheiten über meine Flamme erzählen, von der Körpergröße über die Namen ihrer Freundinnen bis hin zu dem kleinen braunen Fleck auf ihrem linken Eckzahn. Und trotzdem,...

negatives:

...trotzdem trage ich zeitlebens diese Schwere und Melancholie in mir, die die wenigsten von mir kennen. Ich habe viele Bekannte und Freunde aber keinen großen lokalen Freundeskreis. Die Menschen die meinen Geburtstag kennen, kann ich an einer Hand abzählen. Trotz Studium, mehreren Sprachen, Auslandserfahrung und überaus positiven Arbeitszeugnissen hatte ich noch nie einen richtigen Job. Nur Praktika und Nebenjobs. Ich kann mich nur schwer entscheiden und bin leicht zu beeinflussen (nicht in meinen Überzeugungen aber in meine Zielen). Ich hinterfrage und überdenke zu viel, statt etwas anzufangen. Meine Unsicherheit überspiele ich mit "blöden Sprüchen". Manchmal klappts, manchmal werde ich sofort durchschaut. Zudem bin ich sehr wählerisch. Besonders bei Menschen. Ich neige dazu mich "vorauseilend" selbst schlecht zu machen, bevor es andere tun, weil ich unterbewusst immer noch das Gefühl habe, nicht gut genug zu sein. Kritik nehme ich mir viel zu sehr zu Herzen. Und ich schreibe zu viel...siehe diesen Text.

 

Was kann ich tun?

Das bisschen Selbstwert, das ich mir über die Jahre aufgebaut habe ist seit dieser Abfuhr komplett den Bach runter gegangen. Ich hatte vorgehabt, durch viele Treffen und Sex mit anderen Frauen über sie hinwegzukommen aber ich bin psychisch derzeit so labil, dass ich dazu überhaupt nicht mehr in der Lage bin. Dass ich durch einige Jahre Arbeitslosigkeit und mein Alter ohne Berufserfahrung auch karrieretechnisch in der Sackgasse gelandet bin, macht die Sache nicht besser. Es fällt also gerade alles zusammen und ich muss feststellen, dass alle meine Probleme, auf denselben Ursprung zurückgehen. Derzeit nehme ich jede Party und jedes Ereignis mit, bei dem ich auf andere Gedanken komme oder bei dem genügend Rauschmittel fließen. Ich mache regelmäßig Sport, sage mir vor dem Spiegel, dass ich was kann und wer bin aber dieser schwere Mantel, der über meinen Schultern hängt, will einfach nicht abfallen. Ich sehe nur noch dieses phänomenale Versagen meinerseits vor mir, die Frau, die ich von mir weggetrieben und die Liebe um die ich mich selbst gebracht habe. Ich wäre gern ein Mann. Ich möchte für jemanden da sein, möchte gebraucht werden, möchte eine starke Schulter sein aber alleine schon diese Worte aufzuschreiben, fühlt sich vollkommen befremdlich an, weil ich derzeit das genaue Gegenteil bin. Ich brauche das, was ich selbst sein möchte. Und da ist unerträglich.

Nachdem es gerade draußen hell geworden ist und ich mir diesen ganzen Text noch einmal durchgelesen habe, nehme ich folgende Antwort schon einmal vorweg: Ja, ich suche mir professionelle Hilfe. Es hat offensichtlich keinen Zweck, das mit mir selbst auszumachen. Es ist das erste Mal, dass ich jemandem davon erzähle, auch wenn es hier anonym ist. Eigentlich ist es mir sehr unangenehm, weil ich diese Seite von mir niemandem zeige aber da mir hier schon einmal sehr geholfen wurde und ich über vier Stunden lang getippt habe, sende ich es doch mal ab und frage nach ein paar guten Ratschlägen zur Selbstmotivation und Stärkung meines Selbstbildes. Danke für's lesen und kommentieren.

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Gast ImAPussyAndProudOfIt

Hallo TE,

Als Erstes möchte ich dir sagen, dass es mir Leid für dich tut, dass es bei dir grade so aussieht. Ich war selbst durch One Itis mal in ähnlicher Situation und verstehe, dass es dir grade alles andere als gut geht.

Zweitens finde ich es sehr gut, dass du therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen willst. Ich würde auch sagen, dass es vielleicht nicht schlecht wäre, nachdem akute Lebenskrise vorbei ist, die kindliche Beziehung mit Eltern in Therapie aufzuarbeiten, weil diese Beziehungsmuster für dich scheinbar immer noch präsent sind ("ich bin für Nähe nicht gut genug").

Was die Stärkung des Selbsbildes angeht:  Aus meiner Sicht sind Selbstwirksamkeitserfahrungen das Beste dafür. Stell dir Ziele und erreiche sie. Sei es ein Ziel, ein Job zu findem, Marathon zu laufen und was auch immer. Wenn du merkst, dass du das erreichen kann, was du dir vorgenommen hast,wirkt es sehr positiv auf dein Selbstbild.

Außerdem hab ich den Eindruck, dass du ich sehr stark durch deine One Itis definierst. Die subjektive Meinung einer einziger Frau ist nicht etwas, woran man sich messen soll. Deswegen verbringe mehr Zeit mit Leuten, die dir gut tun.

 

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Es freut mich, dass du den Mut gefunden hast deine Probleme alle mal aufzuschreiben. Das wird dir sicherlich nicht leicht gefallen sein.

In dem Text erkenne ich, dass du erstmal ein Problem hast und dieses schon recht gut erkennst. Dir ist klar geworden, dass du es durch Ablenkung (Sex mit vielen Frauen) nicht gelöst bekommst, sondern es nur verdrängst bis es wieder auftaucht und dich aus der Bahn wirft. Du möchtest nicht rumjammern, sondern vor allem das Problem anpacken. Der Haken bei der Sache ist, dass du nicht weißt, wie du dieses Problem lösen kannst. Aus diesem Grund finde ich deinen Entschluss dir professionelle Hilfe von einem Psychotherapeuten zu holen eine sehr gute Idee. [Die Probleme mit dem Job-Finden könnten eventuell auch aus deinem geringen Selbstwertgefühl und Vermeidung von Ablehnung kommen. Die Ausstrahlung leidet und das merkt auch der potentielle Arbeitgeber.]

Alles in allem finde ich deine Gedankengänge nachvollziehbar. Mach die Psychotherapie. Ich kenne ein paar Leute, die das auch schon gemacht haben, und denen geht es heute eindeutig besser als vorher.

 

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Hey,

Zuerstmal Hochachtung dass du dich überwinden konntest hier alles niederzuschreiben, und auch dazu dass du schon viel "sortiert" hast.

Ich würde mir den Post ausdrucken und direkt zu dem Profi deiner Wahl mitnehmen, du hast da einen sehr guten umfassenden Überblick gegeben.

Du hast genau die richtige Entscheidung getroffen dir jemand zu suchen der mit dir arbeitet, wobei das aus meiner Sicht nicht zwingend eine Gesprächstherapie bei einem klassischem Psychotherapeuten sein muss, es kann auch ein psychosozialer Berater oder ähnliches mit Schwerpunkt Persönlichkeitsentwicklung dir hier helfen. Hände weg von "Energetikern" oder "Mentalcoaches" oder so, muss man leider auch immer wieder dazusagen. Gegebenenfalls hier sicher auch sinnvoll eine Aufstellung zu machen (systemisch oder Familie) aber eventuell erst ein wenig später.

Nach meiner Erfahrung würde ich deine Strategie ungefähr so sehen:

1) Optional "Pflaster kleben". Je nachdem wie sehr dich gerade die Situation belastet, wenn du gerade motivationslos oder "antriebslos" dich fühlst, dann kannst du versuchen zb. über Hypnose oder NLP (alleine oder mit Betreuung) mal über's gröbste rüberzukommen damit du Energie kriegst. Es gibt sehr gute englischsprachige Selbsthypnosen (MP3) zum Thema Selbstwert, du findest sicher auch was auf Deutsch. Ich empfehle dir dieses Buch zu kaufen (gibt's glaub ich leider nicht auf deutsch) und zumindest dich mit der zweiten und dritten Übung zu beschäftigen, vor allem mit der dritten. Die kann relativ schnell für ein wenig Ruhe und Zuversicht im Kopf sorgen, und ich denke auch wenn du kein klassisches "Verlassenheitskind" bist, wird im wesentlichen hier einiges zutreffen.

https://www.amazon.de/Journey-Abandonment-Healing-Surviving-Recovering/dp/0425273539/

2) Du wirst dann dein Erlebnis mit deinen Eltern aufarbeiten müssen, da liegt die Wurzel, und das überschreitet leider wie du richtig erkannt hast die Möglichkeiten des Forums.

Ich selbst habe mich mit 25 gegen die tiefere Arbeit an den Ursachen entschieden, hab mir "oberflächlich" eine Beratung geholt mehr zur Symptombekämpfung, hatte dann eine recht gute Beziehung, die unerledigten Dinger sind mir dann mit 31 nochmal um die Ohren geflogen. Also aus meiner Sicht - kommst du da eben langfristig nicht drum rum.

Mein eigener Ansatz hier wäre rauszufinden warum deine Eltern so sind wie sie sind und sich so verhalten haben, das geht sicher bis Großeltern und noch deren Eltern retour. Indem dir jemand sichtbar macht dass es nicht an dir gelegen hat was du erfahren hast, wirst du gegebenenfalls zu einem Punkt kommen wo du ihnen zumindest verzeihen kannst, aber auch dich abgrenzen kannst von der negativen Werthaltung die sie dir vermittelt haben. Den Weg kann dein Berater/Therapeut mit dir gehen. Für den Ansatz  kann es im Vorfeld nützlich sein wenn du versuchst an Infos zu kommen über die Vorgeschichte deiner Eltern, deren Beziehungsleben, Großeltern... je mehr du davon weißt umso leichter kann jemand mit dir daran arbeiten. Wenn du da mal halbwegs drin bist, dann passt da auch die Aufstellungsarbeit rein.

3) Wie ImAPussy sehr gut vorschlägt und wo das Forum dir unmittelbar helfen kann sind Erfahrungen der Selbstwirksamkeit. Wenn du aus Punkt #1 mal raus bist und nicht mehr "akut in der Krise" dich fühlst, dann würde ich an deiner Stelle mal einen "Mein Leben in fünf Jahren" Plan aufstellen. 10 Ziele, von Job über Hobbies, Lifestyle, Freundeskreis bis Beziehung. Allein dich mal sauber zu definieren und dir Visionen zu schaffen wird dir Kraft geben. Dann diese Ziele runterzubrechen auf Jahres- oder Halbjahresschritte, Egal ob es dabei um Karriere, Sport, kreative Tätigkeiten oder Flirten geht - halt uns hier am laufenden und wir helfen dir zu den "Ministeps", dafür gibt's ja die ganzen Bereiche. Jedes dokumentierte, organisierte, geplante Teilziel auf deinem Weg zu deinem "besten Selbst" wird dir guttun.

Tja, und letztlich wenn du denkst es is grad kacke... sei glücklich dass du nicht dieser Waschbär bist:

 

bearbeitet von Helmut_AUT

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Hallo. Vielen Dank für euren vielfältigen Rat und Zuspruch. Nachdem ich meine Geschichte hier gepostet hatte, überlegte ich noch, ob das nicht etwas zu viel für ein Pick-Up-Forum war und welche Reaktionen ich hier wohl bekommen würde. Aber erneut wurde ich hier von tollen Menschen überrascht. :) Eigentlich wollte ich schon viel früher zurückschreiben aber ich hatte ein Mega-Tief und war nicht in der Lage, irgendetwas zu tun. Nen Therapeuten zu finden, der keine Warteliste von einem Jahr hat, ist übrigens wie die Nadel im Heuhaufen zu suchen. :/

 

@Teufelsweib: Ich verstehe was du meinst. Ich kann mich glücklich schätzen, solche Menschen zu kennen. Oft sind es die, von denen man es am wenigsten erwartet.

 

@Helmut_AUT: Danke für die konkreten Tipps. Ich hab mal in das Buch reingeschaut und ein Video dazu auf Youtube angeschaut mit nem Interview mit der Autorin und folgende Sätze haben mir gerade einen kalten Schauer über den Rücken laufen lassen, denn genau dieses Muster wiederhole ich schon mein ganzes Leben lang:
 

Quote

 

"It's the addiction to abandonment. Really what it is, is that you've been hurt so many times that you come to confuse insecurity for love so you actually chase the unavailable. You're only attracted to the unavailable because only when your abandonment fears are aroused you realize that you're attracted. And conversely when somebody comes along who is available and who loves you it doesn't push your abandonment button and you're not attracted."

"When we feel someone pulling away from us, the involuntary emotional suction cups pop out of us and aim straight at the person and scare them away. These are a source of tremendous shame for people because when your emotional suction cups pop out it means that you're acting very needy and desperate and the other person can easily say "the reason I'm pulling away is because you're being  too needy". And then we feel so ashamed because we feel that we're the ones causing all the problems in our relationship."

 

Der letzte Satz beschreibt genau das, was mir mit dieser einen Frau passiert ist. Unglaublich... :/

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Geil, freut mich total wenn wir da auf Gold gestoßen sind.

Weißt du was? Genau diese Zeilen waren es die mich vor ein paar Jahren selbst mal so richtig rausgerissen haben. Mir hatte jemand den Link auf ihre Website gesendet, und in dem ersten Absatz fand ich mich 100% wieder. Ich versteh grad total wie du dich fühlst.

Ich habe mir dann das Buch besorgt, und obwohl ich nicht jede der fünf Übungen super fand, war vor allem die mittlere mit der Visualisierung unheimlich heilsam. Aber auch die Textteile vom Buch, die Verhaltensmuster welche besprochen werden, um mein eigenes Gefühl zu verstehen.

Das Interessante ist: Es gibt offenbar eine ganze Menge Menschen die vordergründig eine "normale" Kindheit hatten (also beide Eltern am Leben und verheiratet, keine Gewaltorgien daheim oder so) und trotzdem ein Muster von Verlassen-Werden-Angst durch ihr Leben ziehen. Ich kam ein Jahr später drauf dass es bei mir an meinem totgeborenem älterem Bruder gelegen hat. War buchstäblich geplagt vom Geist einer toten Person, meine Mutter in ewiger Liebe an den ersten Buben erstarrt und ich nur das Überbleibsel.

 

Jetzt ist deine Chance: Arbeite mit dem Buch (konsequent, die Visualisierung mindestens 2x am Tag), und arbeite mit deinem Betreuer deine Eltern-Kind Beziehung auf. Du hast irgendwo in sehr frühen Jahren "gelernt" das du "schuld" bist wenn dir jemand Liebe wegnimmt, dass es letztlich wohl "an dir liegen muss". Weil kleine Kinder ich-bezogen sind (das Universum dreht sich um einen selbst) erleben sie jeden Entzug von Nähe als "selbst schuld", äußere Einflüße wie Drogen, Alkohol, schlechte Ehe etc. kennen wir als Kind schlicht nicht, alles was schief geht muss an uns liegen.

Diese Angst der Liebe nicht wert zu sein, diese "Toxic Shame" wie Robert Glover es nennt, hast du bis jetzt recht erfolgreich mit ONS und unverbindlichen Geschichten kompensiert (auch ich war eine Zeitlang da genauso unterwegs). Genauso wie du hatte ich dann eine Frau kennengelernt die mir fast alles gegeben hätte - und mich dann für jemand anderen sitzenlassen hat. Und dann, nach dem größten Schmerz meines Lebens, begann eine wunderbar heilsame Zeit der Aufarbeitung und Erkenntnis.

 

Wünsch dir viel Erfolg dabei!

bearbeitet von Helmut_AUT
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Auf Gold gestoßen in der Tat! Ich hatte den ganzen Tag Erinnerungs-Flashbacks an Frauen, an denen ich Interesse hatte und an die, die an mir Interesse hatten. Ergebnis: fast alle Frauen, an denen ich Interesse hatte, waren Vergeben! Bei denen, die nicht vergeben waren, habe ich früher oder später die Versuche eingestellt ihnen näher zu kommen, indem ich mir eingeredet habe "die ist zu gut für dich, die hat etwas besseres verdient und du ruinierst nur ihr Leben". Ich habe also entweder Zurückweisung erhalten, weil die Frauen anderweitig gebunden waren oder indem ich sie selbst herbeigeführt habe. In jedem Fall konnte ich mir selbst bestätigen "du bist nich gut genug, keine will dich" und mir meine "Liebe" von ihnen holen, denn diese kannte ich nur als Schmerz der Ablehnung. In gleichem Atemzug habe ich mich für keine einzige Frau interessiert, die jemals für mich offenes Interesse gezeigt hat. Für keine einzige!

Was ich mit meiner "Oneitis" gemacht habe, war im Endeffekt genau das gleiche, wie mir vorhin klar wurde. Die kurze Zeit in der wir was miteinander hatte, fand ich sie cool, lässig und sexy aber ich war nicht in sie verliebt. Ab dem Moment, in dem ich sie mit dem anderen Typen gesehen habe, wurde aber der Ablehnungs-Komplex getriggert und ich konnte mir wieder sagen "siehst du, du warst wieder nicht gut genug!", obwohl zu Zeitpunkt noch gar nichts passiert war. Sie hätte mich auch an nem schlechten Tag falsch anschauen können und ich hätte genau den gleichen Film abgespielt. Ab dem Moment, an dem sie mir ihre Nähe entzogen hat, war ich Hals über Kopf in sie verliebt. Ich habe den Schmerz bekommen, den mein Unterbewusstsein gefordert hat. Vielleicht hätte sie sich auch ohne all das entschieden, dass ich nicht zu ihr passe. In jedem Fall hätte ich aber meinen "gliebten" Korb kassiert.

Ein ausgeklügeltes System der Selbstsabotage meines eigenen Glücks. Warum habe ich mir sowas nur all die Jahre angetan!?

Quote

Weil kleine Kinder ich-bezogen sind (das Universum dreht sich um einen selbst) erleben sie jeden Entzug von Nähe als "selbst schuld", äußere Einflüße wie Drogen, Alkohol, schlechte Ehe etc. kennen wir als Kind schlicht nicht, alles was schief geht muss an uns liegen.

Aber liegt es nicht auch an uns? Ich meine, wenn wir unterbewusst solche Situationen herbeiführen, sind doch nicht die anderen Schuld an unseren Entscheidungen!?

Aber heftig, dass es dir genauso erging. Danke für's Teilen deiner Geschichte. Ich bin gerade total aufgedreht von der Erkenntnis, im Gegensatz zu den letzten Tagen, wo ich mich gefühlt habe wie der Waschbär in deinem Video. ;) Es kommt mir vor als hätte ich ein Leben lang ein Brett vor dem Kopf gehabt und mich gewundert, warum ich nichts sehe. Das Buch schenke ich mir zu Weihnachten.

 

bearbeitet von ruta_hollies
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2 hours ago, ruta_hollies said:

Aber liegt es nicht auch an uns? Ich meine, wenn wir unterbewusst solche Situationen herbeiführen, sind doch nicht die anderen Schuld an unseren Entscheidungen!?

Als Erwachsene führen wir solche Situationen absichtlich herbei, ja. Und sollen nach der Erkenntnis nicht anderen die Schuld geben, stimmt. Aber das Grundgefühl "verdiene keine Liebe, bin schlecht/böse/seltsam" von damals liegt nicht an uns oder gehört elementar zu uns. 

Gönn dir ev. auch das "No more Mr. Nice Guy" von Robert Glover (seit kurzem auch in Deutsch erhältlich) weil zu einem gutem Teil schreibt er darin über Kindheitsprägung und hat auch gute Übungen dazu.

Diese beiden Bücher geben dir einen guten Start zur Selbstarbeit und du kannst das verstandene/durchschaute Muster dann auch besser mit deinem Berater besprechen.

Es geht da übrigens auch überhaupt nicht darum deinen Eltern irgendwie die Schuld an allem zu geben. Sondern zu verstehen das wie alle Menschen sie Fehler machen, und dein eigenes Gefühl der Nicht-Wertigkeit trotz aller Liebe zwischen euch entstanden sein kann. Und du es wertschätzend aber trotzdem bestimmt und klar abgegrenzt bei ihnen lässt.

bearbeitet von Helmut_AUT

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12 hours ago, Helmut_AUT said:

Als Erwachsene führen wir solche Situationen absichtlich herbei, ja. Und sollen nach der Erkenntnis nicht anderen die Schuld geben, stimmt. Aber das Grundgefühl "verdiene keine Liebe, bin schlecht/böse/seltsam" von damals liegt nicht an uns oder gehört elementar zu uns. 

Gönn dir ev. auch das "No more Mr. Nice Guy" von Robert Glover (seit kurzem auch in Deutsch erhältlich) weil zu einem gutem Teil schreibt er darin über Kindheitsprägung und hat auch gute Übungen dazu.

Diese beiden Bücher geben dir einen guten Start zur Selbstarbeit und du kannst das verstandene/durchschaute Muster dann auch besser mit deinem Berater besprechen.

Es geht da übrigens auch überhaupt nicht darum deinen Eltern irgendwie die Schuld an allem zu geben. Sondern zu verstehen das wie alle Menschen sie Fehler machen, und dein eigenes Gefühl der Nicht-Wertigkeit trotz aller Liebe zwischen euch entstanden sein kann. Und du es wertschätzend aber trotzdem bestimmt und klar abgegrenzt bei ihnen lässt.

Hmm, okay, macht Sinn.

Ich lese gerade "Lob des Sexismus" und muss es manachmal echt aus der Hand legen, weil ich sukzessive alle diese Ratschlage halt im Negativ befolgt habe und ich mir selbst ein "face palm" geben muss...

Bis die Tage!

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Ich bin mir nicht sicher ob LdS jetzt gerade die richtige Lektüre für dich ist, ehrlich gesagt.

Das Buch ist in einigen Bereichen sehr binär, und ich kann dir nur raten nicht zu versuchen genau ins andere Gegenteil zu fallen in deinem Umgang mit Menschen.

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2 hours ago, Helmut_AUT said:

Ich bin mir nicht sicher ob LdS jetzt gerade die richtige Lektüre für dich ist, ehrlich gesagt.

Das Buch ist in einigen Bereichen sehr binär, und ich kann dir nur raten nicht zu versuchen genau ins andere Gegenteil zu fallen in deinem Umgang mit Menschen.

Mag sein. In nächster Zeit werde ich das dating eh unterlassen, bis ich wieder geistig fit bin. Ja, vielleicht stelle ich es erstmal zurück. Baut mich gerade auch nicht wirklich auf.

Danke Coach. ;)

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