Aufarbeitung einer lieblosen Erziehung

15 Beiträge in diesem Thema

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Hallo liebe PU-Gemeinde.

Vor kurzem bin ich auf dieses Forum gestoßen, da ich Probleme mit einem Mädchen in meinem Umfeld hatte und nicht weiter wusste. Das Thema ist größtenteils schon Geschichte.

Nun zu meinem eigentlichen anliegen bzw. meiner Frage.

Ich bin 19 Jahre jung und wuchs in einer sehr disziplinierten Familie auf. Seit dem ich mich selbst kenne, habe ich noch keine Gefühle von meinem Vater erkennen können. Damit meine ich wirklich keine. Ich habe nicht einmal gehört, dass er seine Kinder liebt, meine Mutter liebt, uns umarmt hat etc. Meine Mutter ist gefühlstechnisch ebenfalls relativ abgestumpft und versucht mir irgendwie zu zeigen, dass sie mich liebt. Meiner Mutter habe ich auch nichts vorzuwerfen, da sie sich wirklich aufgeopfert hat, um uns ein gutes Leben zu ermöglichen. Also sich nicht von meinem Vater trennt. 

Mein Vater ist ein erfolgreicher und extrem dominanter Mensch. Alles muss so ablaufen, wie er es möchte und falls etwas nicht seinem Willen entspricht, dreht er meistens völlig durch. Er wurde nie gewalttätig o.ä aber allein seine Worte und der abfällige Blick sind der Horror. Derzeit besuche ich die 12. Klasse und mein werter Vater setzt mich auch hier extrem unter Druck und möchte nur die besten Noten sehen. Einen perfekten Studiengang hat er bereits ausgesucht. Ich muss zugeben, dass mir mein Vater extrem viel ermöglicht. Finanziell gesehen bekomme ich so gut wie alles, solange ich seinen Vorstellungen entspreche. Meine Geschwister sind deutlich älter und schon ausgezogen und der Kontakt zu meinem Vater ist minimal. 

Nun zum eigentlichen Problem

Da ich von Haus aus nie mit Gefühlen überhäuft wurde, fällt es mir extrem schwer Gefühle zu zeigen bzw. sie fühlen sich komisch an. Bei Umarmungen habe ich schon ein komisches Gefühl im Magen. Beim Sex konnte ich den Mädchen auch nie in die Augen schauen, oder danach kuscheln. Ich hatte noch nie eine LTR.

Kann man solche Erfahrungen aufarbeiten oder was sollte man dagegen tun? Denn meine größte Sorge ist eigentlich, dass ich irgendwann meinem Kind gegenüber genau so ein Verhalten zeige und damit alles zerstöre.

MfG

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vor 11 Minuten, Mem0ire schrieb:

@ Herzdame

Kannst du erläutern warum "Psychologischer Psychotherapeut"?
Also was der macht was die anderen nicht machen?

Wer sind denn für dich "die anderen"?

Ich habe den korrekten Begriff sehr bewusst gewählt, weil in dem Bereich kaum jemand den Überblick hat und weiß, wer da eigentlich was macht und wie das korrekt heißt.
An anderen Stellen haben ich das schon mal umfassend abgegrenzt, Suchfunktion hilft da. Wenn du aber "die anderen" definierst, kann ich dir kurz die Abgrenzung liefern. Ich schreibe jetzt aber nicht schon wieder das Buch, in dem ich ALLES erkläre, was da so rumfliegt (Psychologe, Psych. Psychotherapeut, Ärztl. Psychotherapeut, Psychiater, Coach, Heilpraktiker für Psychotherapie usw. usf.) Und da sind wir jetzt noch nicht bei Therapieformen jeglicher Art.

bearbeitet von Herzdame

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vor 25 Minuten, Herzdame schrieb:

 

Ich habe den korrekten Begriff sehr bewusst gewählt, weil in dem Bereich kaum jemand den Überblick hat und weiß, wer da eigentlich was macht und wie das korrekt heißt.

 

Deswegen habe ich gefragt.

vor 25 Minuten, Herzdame schrieb:

An anderen Stellen haben ich das schon mal umfassend abgegrenzt, Suchfunktion hilft da. Wenn du aber "die anderen" definierst, kann ich dir kurz die Abgrenzung liefern.

Die werde ich direkt mal bemühen.

Die Anderen bezieht sich auf die ganzen Strömungen und Untergruppen die es gibt.
Psychiater, Heilpraktiker, Psychoanalytiker

Edit.: jetzt erst deine Bearbeitung gesehen.


@Prometheus.

Ich finde deine Gedankengänge und Selbstreflexion zu dem Thema gut. Besonders der Aspekt das du das Erlebte an die nächste Generation weiterreichen könntest, nachdem du dich selbst damit in deinen Beziehungen rumgeärgert hast.
Möchte dir also Mut zusprechen das ganze anzupacken und dich bekräftigen den Vorschlag von Herzdame in die Tat umzusetzen.

Denke es gibt wenig was einem soviel nützen kann (im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung) wie eine gute Psychotherapie.

Wie steht es um deinen Freundeskreis? Gibt es Menschen mit denen du dich darüber unterhalten kannst?


Ich wünsche dir viel Kraft auf deinem Weg!

 

bearbeitet von Mem0ire

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vor 16 Minuten, Mem0ire schrieb:

Psychiater, Heilpraktiker, Psychoanalytiker

Kurzfassung:

Psychologischer Psychotherapeut -> 5 Jahre Studium Psychologie, 3 Jahre Ausbildung Psychotherapeut (Entweder Verhaltenstherapie oder Psychoanalytisch, damit ist dein "Psychoanalytiker" auch geklärt)
Heilpraktiker für Psychotherapie -> hat in ner Mini-Pillepalle-Prüfung für 300€ gezeigt, dass er Psychologische Diagnosen kennt. Muss einen Hauptschulabschluss haben, sonst keinerlei Ausbildung. Wird NICHT von der Krankenkasse bezahlt.
Psychiater -> Medizin-Studium, Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie, darf Medikamente verschreiben.

Kurzfassung (grob gesagt): Psychiater gibt dir Medikamente, Psychotherapeut redet mit dir. Zweiteren brauchst du immer, ersteren nur, wenn dein Psychotherapeut das empfiehlt.

bearbeitet von Herzdame
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Irgendwie check ich das deutsche System nicht...

Bei uns brauchst du Ausbildung über mehr als zwei Jahre damit du an Persönlichkeitsentwicklung arbeiten darfst (abseits krankheitswertig, also nur Beratung, keinesfalls Behandlung), und bei euch reichen 300EUR und eine Miniprüfung damit jemand mit krankheitswertigen psychischen Problemen tun darf?

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vor 3 Stunden, Helmut schrieb:

Irgendwie check ich das deutsche System nicht...

Bei uns brauchst du Ausbildung über mehr als zwei Jahre damit du an Persönlichkeitsentwicklung arbeiten darfst (abseits krankheitswertig, also nur Beratung, keinesfalls Behandlung), und bei euch reichen 300EUR und eine Miniprüfung damit jemand mit krankheitswertigen psychischen Problemen tun darf?

Ja, altes Nazi-Gesetz. HP Psychotherapie dürfen Therapieren, ohne irgendwas zu können. Die haben weniger Ausbildung als jeder Halbgare Coach. Du musst nur den ICD 10auswendig können und wissen, wann du an Psychiater oder Psychotherapeut verweisen musst. Aber alles „normale“, von  Persönlichkeitsstörung bis Depression darfst du einfach so machen.

Den HP Psych bekommt man in vielen Bundesländern ohne Prüfung, wenn man im Materstudium Klinische Psychologie bestanden hat.

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Am 13.12.2018 um 11:28 , Helmut schrieb:

Irgendwie check ich das deutsche System nicht...

Das kann man auch nicht verstehen, weil es völlig abstrus ist.

Psychologischer Psychotherapeut = Studium Psychologie + Ausbildung zum Psychotherapeuten. 3 Jahre in Vollzeit, berufsbegleitend 5 Jahre.

Heilpraktiker Psychotherapie muss  nichts besonderes an Ausbildung haben, nur höchstens eine absolut lächerliche kleine Prüfung ablegen.

So ist das hier. Ich habe von meiner Freundin aus Wien allerdings gelernt, dass es in Österreich 32 (?) anerkannte Therapieverfahren gibt?

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Am 12.12.2018 um 20:34 , Herzdame schrieb:

Ja, kann man. Und sollte man.

Die Anlaufstelle dafür heißt "Psychologischer Psychotherapeut".

Denn sonst wird dich das Thema immer begleiten. Ja, auch bei deinen eigenen Kindern. Aber vorher noch in allen Beziehungen, die du führst - oder versuchst zu führen. Die ersten Anzeichen dafür merkst du jetzt schon. Und das ist weitaus mehr, als ein Forum oder ein Selbsthilfebuch alleine leisten kann.

Damit ist eigentlich alles gesagt.

Wäre eine gute Idee für ein Anpinnen.

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Am 12.12.2018 um 20:30 , Prometheus. schrieb:

 

Kann man solche Erfahrungen aufarbeiten oder was sollte man dagegen tun? Denn meine größte Sorge ist eigentlich, dass ich irgendwann meinem Kind gegenüber genau so ein Verhalten zeige und damit alles zerstöre.

 

Kann man. Mit Therapeuten oder einfach für sich selbst. Weißt Du, fast jeder Mensch (von wenigen Ausnahmen mal abgesehen) hat eine "schwierige" Kindheit bzw. bezeichnet seine Kindheit als schwierig. Ich will jetzt hier gar nicht in die Thematik problematischer Sozialfälle abschweifen, denn das trifft auf Dich vermutlich nicht zu. Dieses "ungeliebt-sein" hinterlässt tiefe seelische Verletzungen in deren Folge man fürchtet, man könne nicht mehr lieben usw. 

Wie fast jeder Mensch habe auch ich eine schwierige Kindheit gehabt. Blablabla. Aber weißt Du, was ich NICHT tue ? Ich lasse es nicht zu, dass diese Verletzungen Teil meines erwachsenen Lebens sind. Mir ist schon seit längerer Zeit klar, dass ich meine Ex-Frau nur geheiratet habe, um eine (=ihre) Familie zu haben. Um eine Bindung zu haben, um Emotionen zu haben. Sie haben mich liebevoll aufgenommen und (solange ich mitgespielt habe) auch als Familienmitglied behandelt. Mit meiner Trennung hat sich das ganze radikal geändert (vollständiger Kontaktabbruch). Tat weh, bei Menschen, mit denen Du eigentlich 20 Jahre lang jede freie Minute verbracht hast. Hat mir aber eines gezeigt: Jeder Erwachsene ist für sich und seine Gefühle SELBST verantwortlich. Es kann Dir keiner geben, was Du Dir nicht selbst zugestehst. 

Oder, mal ein wenig konkreter:

Du bist gut so wie Du bist. Du bist die Summe Deiner Erfahrungen. Je mehr Erfahrungen Du machst, desto besser wirst Du. Lass Dich drauf ein, liebe von ganzem Herzen, habe keine Angst vor Enttäuschungen und halte nicht hinter dem Berg mit Deinen Emotionen. Emotionen sind gut, sie sind nützlich, hör auf Dein Bauchgefühl. Tu nur das, was Du willst (wo Du es kannst). Lass Dir nicht einreden, Du seiest "verkorkst" usw.

Und zum Thema Kind kann ich Dir aus zweifacher eigener Erfahrung folgendes sagen: Keine Angst, Du wirst es lieben. Du kannst gar nicht anders, als es zu lieben. Es geschieht von ganz allein, Du musst nichts dafür tun, sondern es einfach nur zulassen und es wird garantiert passieren. Verspreche ich Dir ausdrücklich an dieser Stelle.

Finde Deinen Weg, lass Dich auf Dich selbst ein, nimm Dich an und erkenne Deine SELBST-verantwortung für Dein eigenes Leben.

Es ist ein sehr spannender Weg, der Dich zu einem besseren Menschen machen wird.

 

Ah, und vergiss nicht: habe Spaß !

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Am 15.12.2018 um 17:40 , lostinthoughts schrieb:

Wenn du Interesse hast, meld dich mal per PM. Hatte den fast gleichen Leidensweg wie du.

Ebenso. Ich kann dir gerne per PM berichten, wie es bei mir war und was mir geholfen hat.

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