Inner Game in Sachen Schuldgefühle

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Gast

Hey PUF,

mich beschäftigt seit langer Zeit ein Thema bei dem ich nur schlecht vorankomme. Das Problem sind zum Teil unbewusste Schuldgefühle die mich daran hindern das ich mich weiter entwickel.

Beispiel wäre bei mir die Familie. Ich selbst habe seit der Scheidung meiner Eltern gesundheitliche Probleme die immer wieder auftauchen. Mom ist alleine + hat kein Geld = jede Menge Sorgen die ich mir mache.

Einige Jahre nach der Scheidung hat es dann auch meine Mom mit den selben Symptomen getroffen. Bei ihr sind diese aber noch mal um einiges heftiger als bei mir. Meine Schwester ist nun auch seit einigen Monaten erkrankt. Bis vor kurzem wusste ich z.B. auch nicht was der Begriff "Palliativ" bedeutet. Nun weiß ich es und ich hätte darauf verzichten können. Gesundheit problematisch, jede Menge Geldsorgen, Arbeitslosigkeit (und Aufgrund der gesundheitlichen Probleme auch kein Ausweg in Sicht). Es läuft beim Großteil meiner Familie einfach nicht rund. Und dann noch der daraus resultierende Frust der sich dann oft zwischen den Familienmitgliedern entlädt. Es macht mich fertig zu sehen wie meine Familie leidet und sich schon fast bekämpft.

Bei mir selbst läuft es sehr gut. Ich bin weggezogen. Studiere, lebe finanziel sehr gut, viele Freunde, Spaß am Leben. All das was der Großteil meiner Familie nicht hat. Ich selbst hatte deswegen lange sehr starke Schuldgefühle welche mich immer wieder krank gemacht haben. So kam irgendwann der Tag an dem ich mir sagte das ich davon Abstand nehmen muss.

Ich habe nicht den Kontakt abgebrochen aber ich lasse diesen riesigen Scheisshaufen der immer auf meine Familie herabfällt einfach nicht mehr an mich ran. Ich mache weiter mit Freunde, Feiern und so weiter. Es hilft zwar selbst so gut es geht gesund zu bleiben und ich weiß das mein Gedankenkarussell nichts an der Situation ändert, aber dennoch fühle ich mich schlecht. Ich habe irgendwo das Gefühl meine Familie allein gelassen zu haben. Ich habe auch das Gefühl das es mir Gleichgültig ist wie es ihnen geht, auch wenn ich weiß das diese "Gleichgültigkeit" die einzige Möglichkeit für mich ist innerlich nicht zu zerreißen.

Rückblickend war meine Entscheidung zu gehen und die Probleme nicht an mich ranzulassen wahrscheinlich auch besser. Ich unterstütze meine Family finanziell was nicht gehen würde, wenn geblieben wäre. Ich könnte die zusätzliche Arbeit nicht machen wenn ich alles an mich ranlasse, weil ich dann gesundheitlich auch nicht mehr dazu in der Lage wäre. Dennoch bleibt im Hintergrund immer dieses Gefühl der Schuld. Meiner Familie geht es schlecht und ich genieße das Leben in vollen Zügen. Irgendwie beißt sich das.

Habs auch mal mit Gesprächstherapie probiert vor einigen Jahren. Im Endeffekt saß da halt nur ein Therapeut auf einem Stuhl und hat mir kopfnickend zugestimmt: "Ja Scheisse is. Ja an der Situation mit deiner Familie kannst nichts ändern. Ja eigentlich brauchst kein schlechtes Gewissen haben. Ja echt scheisse die Situation."

Meine Frage: Wie geht man solchen Schuldgefühlen um? Rein logisch betrachtet ändert es nichts wenn es noch einem Familienmitglied schlecht geht. Es ändert nichts wenn ich trübsal blase und in Selbstmitleid bade. Das weiß ich. Aber dieses Verhalten fühlt sich trotzdem falsch an. Wie geht man damit um?

 

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Paar Fragen mal so in den Raum...

Wie alt warst du als deine Eltern sich scheiden haben lassen? Wie alt ist deine Schwester jetzt, und du selbst?

Und was würdest denn brauchen damit du deine Mutter, und auch deine Schwester, in ihrer Verantwortung lässt mit ihrem eigenem Leben umzugehen?

vor 12 Stunden, Dan_Civic schrieb:

Habs auch mal mit Gesprächstherapie probiert vor einigen Jahren. Im Endeffekt saß da halt nur ein Therapeut auf einem Stuhl und hat mir kopfnickend zugestimmt: "Ja Scheisse is. Ja an der Situation mit deiner Familie kannst nichts ändern. Ja eigentlich brauchst kein schlechtes Gewissen haben. Ja echt scheisse die Situation."

Dann war's wahrscheinlich der für dich nicht passende Therapeut oder Therapieform.

bearbeitet von Helmut

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Auch hier gilt. Das Bauchgefühl ist entscheidend. Ich zB. habe für meine Familie fast 20 Jahre alles gegeben und es füllt sich einfach fantastisch an. Deine Schuldgefühle kommen ja nicht aus dem nichts. Irgendetwas möchtest du tun und du unterdrückst das die ganze Zeit. Gebt, so wird euch gegeben!

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vor 20 Stunden, Dan_Civic schrieb:

...unbewusste Schuldgefühle ....Mom ist alleine + hat kein Geld = jede Menge Sorgen die ich mir mache.

....Gesundheit problematisch, jede Menge Geldsorgen, Arbeitslosigkeit ...Es läuft beim Großteil meiner Familie einfach nicht rund. ....Es macht mich fertig zu sehen wie meine Familie leidet und sich schon fast bekämpft.

... Ich bin weggezogen. Studiere, lebe finanziel sehr gut, viele Freunde, Spaß am Leben. ....ich davon Abstand nehmen muss.

....Ich habe irgendwo das Gefühl meine Familie allein gelassen zu haben. .... Meiner Familie geht es schlecht und ich genieße das Leben in vollen Zügen. Irgendwie beißt sich das.

...Wie geht man solchen Schuldgefühlen um? Rein logisch betrachtet ändert es nichts wenn es noch einem Familienmitglied schlecht geht. ...

 

Ich habe ewig gebraucht, um mich von "Schuld" gegenüber meiner Familie frei zu machen, wirklich ewig. Das ging so weit, dass ich nicht mal eigene Kinder wollte, weil ich Familie nur als grenzenloses Elend kennen gelernt hatte.

Das größte Geschenk, dass du deiner Mutter machen kannst, ist dein eigenes Leben zu leben und glücklich zu sein. Du trägst keine Verantwortung dafür. Das Schlimmste, was du deiner Mutter antun kannst, ist, dass du dich in ihr Unglück und mit in den Strudel ziehen lässt, das würde sie sich selbst niemals verzeihen können.

Wenn du etwas geben kannst und das aus Liebe - wunderbar. Wenn du es tust, weil dich eine Schuld plagt, oder weil man das ja so macht, weil sich das gehört, wirst du kaputt gehen. 

Das liest sich alles super easy. Ist es nicht.

Was ich dir empfehlen kann: Rede offen mit deinen Freunden darüber, du wirst erstaunt sein, wie vielen es ähnlich geht, wie viele Kinder sich in der Schuld gegenüber ihren Eltern fühlen, aus verschiedensten Gründen. Es gibt, so wie es PU Gruppen gibt, auch dafür Gruppen. Ein Erfahrungs- und Meinungsaustausch ist wertvoll.

Therapeut: Immer eine sehr schwierige Sache, wirklich einen guten zu finden. Der dann auch noch die passende Therapieform anbieten muss. Was dagegen schneller viel bringt, ist eine "Familienaufstellung".

 

Toi Toi Toi.

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^ Is ein guter Punkt. Wenn's keine Kontraindikationen gibt (akute Depression oder andere psychische Probleme etc.) dann könnte dieses Problem tatsächlich ein sehr spannendes Thema für eine Aufstellungsgruppe sein. Also entweder systemische Aufstellung oder Familienaufstellung. Aber wenn du das andenkst, dann such dir bitte jemand der formal qualifiziert dafür ist, zb. eben einen systemischen Familientherapeuten oder ähnliche Ausbildung. Idealerweise jemand wo du unabhängige Referenzen dazu hast.

bearbeitet von Helmut

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vor 20 Stunden, Helmut schrieb:

Also entweder systemische Aufstellung oder Familienaufstellung.

Aufstellung super, kann viel helfen. Aber bitte die systemische Form und keine Familienaufstellung nach Hellinger.
Bei letzterem gibt es zu Recht aus Fachkreisen große Kritik, unter anderem weil Hellinger "ein einzig richtiges" Familiensystem definiert, der Klient vor und nach der Aufstellung nicht begleitet wird und weil dort Internventionen gang und gäbe sind, die die Teilnehmer psychisch absolut destabilisieren.

Ein schönes Beispiel, warum Hellinger extrem umstritten ist:

Zitat

Häufig stellt Hellinger bereits nach wenigen Fragen eine Art „Diagnose“, die teilweise drastisch ausfallen kann. So berichtet eine Frau während einer Aufstellung, dass sie sich von ihrem ersten Mann getrennt habe und dass sie vor einigen Jahren an Gebärmutterkrebs erkrankt sei. Hellingers Schlussfolgerung lautet: Sie habe ihrem Ex-Mann Unrecht getan, und so etwas räche sich meist – zum Beispiel, indem eine Frau Krebs bekomme.

[Quelle: https://www.therapie.de/psyche/info/index/therapie/familienaufstellung/die-klassische-familienaufstellung/]

oder noch viel schlimmer:

Zitat

Am Ende der Aufstellung wird der Klient häufig dazu aufgefordert, sich hinzuknien und sich bei Familienmitgliedern zu entschuldigen – selbst dann, wenn diese ihm Unrecht angetan haben.

Und wir sprechen im letzten Fall nicht von "einmal ungerecht behandelt". Wir sprechen von jahrelangem Missbrauch und ähnlichem, was bei klassischen Familienaufstellungen vor Publikum und ohne Vor- oder Nachbegleitung des Betroffenen in dieser Weise "therapiert" werden soll.

---

Also: Auch wenn die Bezeichnung ähnlich klingt und es auf den ersten Blick auch ein ähnliches Format ist, sollte man auf jeden Fall sichergehen, dass man eine systemische Aufstellung macht, keine Familienaufstellung nach Hellinger.

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Bissl Offtopic aber wenn wir schon dabei sind: Hellinger ist sehr zu recht heftig in die Kritik gekommen, es gibt aber durchaus auch Familienaufstellungen im therapeutischen Kontext die nach anderen Strukturen ablaufen bzw. gibt es ja den Begriff der "systemischen Familienaufstellung" der beides vermischt. Ich hab auch schon vom Ansatz her systemische Aufstellungen erlebt wo dann auch wieder mit Vater und Mutter gesprochen wird, also genau trennen tun das die wenigsten. Und dann gäbe es noch Psychodrama und Gestaltgruppenarbeit wo sich das auch alles irgendwie lustig mischt. Bei dem konkreten Thema des TE halte ich es aus meiner Erfahrung nach jedenfalls für eher unwahrscheinlich das jemand nur Objekte und systemische Begriffe aufstellt aber keine spezifischen Familienmitglieder.

Ich sehe die Gefahr bei Aufstellungen vor allem darin, dass es ein relativ ungeregelter Bereich ist, welcher oft von extrem niedrig qualifizierten Personen mit ein paar Tagen Seminarbesuch angeboten wird - da ist es dann egal ob nach Hellinger gepfuscht wird oder einfach nur gepfuscht wird. Deshalb empfahl ich ja vor allem auf die Qualifikation des Aufstellungsleiters zu achten, keine Energetiker, Kinesiologen oder ähnliche Personen da ranzulassen. Ein anderes Qualitätskriterium wäre für mich das ein paar Tage vorher ein ausführliches Vorgespräch erfolgt und ich mich wirklich in meinem Anliegen erfasst und verstanden fühle bevor überhaupt die Gruppe zusammenkommt - und dabei auch gleich merke ob die persönliche Chemie zum Aufstellungsleiter passt.

bearbeitet von Helmut

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