10 Beiträge in diesem Thema

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Hi, das wird wohl was längeres.

Vorgeschichte
sowohl mein Bruder als auch ich haben von unseren Eltern nicht die Liebe und Aufmerksamkeit bekommen, die wir brauchten.
Nicht weil sie uns nicht liebten, sondern weil sie mit sich selbst nicht klar kamen und sie zu sehr durch die Scheidung belastet wurden.
Dementsprechend haben wir beide unsere Komplexe entwickelt, die uns bis ins Erwachsenenalter begleiten.
Bei ihm kam dann noch dazu, der jüngere Bruder zu sein.
Es lässt sich leider nicht leugnen, aber unsere Eltern habe mich hier und da bevorzugt behandelt.
Wenn es um den Haushalt ging, hat meine Mutter ihn gefragt und mich nicht, um es mir Recht zu machen.  (Und ja, das hat sich in späteren WGs gerächt)
Mit dem coolsten Spielzeug habe immer ich gespielt, er nur wenn ich keine Lust hatte. 

Wir haben so gut wie nichts zusammen gemacht als wir aufgewachsen sind. Keine gemeinsamen Spiele oder Unternehmungen.
Erst als er 16 wurde und ich mein Studium anfing, befasste ich mich wieder mit ihm, aufgrund seiner Depression.
Distanzierung vom Freundeskreis, Selbstverletzendes Verhalten und starke Wutanfälle prägten sein 17. Lebensjahr.

Damals lebte ich mein Leben in meiner Studentenstadt. Ich kam zu dem Schluss, dass ich ihm nicht helfen kann, wenn er keine Hilfe annimmt. 
Das wird auch an mir gelegen haben. Ich habe mich von seinen Wutanfällen und Opferdenken selber triggern lassen und ihn damit emotional konfrontiert.
Er versperrt sich, hört nicht zu und schmettert alles ab mit "Ja ich bin schuld, ich bin halt scheisse!"

Er mochte sein Leben nicht. Alles sei scheisse.
Was tut dann ein großer Bruder mit Helfersyndrom? Ihn regelmäßig zu sich einladen um ein paar Tage coole Sachen zu machen. Schöne Erinnerungen schaffen. Zeigen dass das Leben toll sein kann.
Es waren schöne Tage. Wir haben viel unternommen. Kochen verbindet uns, also haben wir jedes Mal wenn er da war ein aufwendigeres Rezept gesucht und probiert.
Allmählich wurde es besser. Keine Ahnung ob die Tage wirklich was bewirkt haben oder ob er bloß reifer wurde.

ein paar Jahre vergehen, er macht sein Abitur, bricht ein Studium ab und fängt bald eine Ausbildung an.
Wir schreiben jetzt ab und zu, über belangloses. Was gerade so abgeht.
Zwischenzeitlich wurde meine Mutter schwer krank. Er hat sich um sie gekümmert, sie zu allen Terminen begleitet.
Ich habe sie ein paar mal besucht und angerufen.
Es gibt ein Happy End: sie wird gesund und erholt sich langsam von der Therapie.

Heute
Meine Mutter ruft mich an, weil er gestern einen Wutanfall hatte.
Ich rufe ihn an und er geht auch ran.
Er erklärt mir seine Seite. Und ich kann ihn vollkommen verstehen. Unsere Mutter kann nunmal super anstrengend sein.
"Aber das ist kein Grund so zu reagieren" versuch ich ihm klar zu machen.
"Doch! anders versteht sie es nicht! Und ich kann nun mal nicht anders reagieren, wenn es mich ankotzt!"

Die nächsten 15 Minuten wurden gefüllt mit weiteren Beschwerden und auch Vorwürfen gegen mich.
"Du weißt  nicht wie das ist! Du bist doch nie hier! Ich muss die ganze Scheisse mit Mama und Papa durchhalten! Und was tust du?!"
Ich hatte schon länger die Befürchtung, dass er mich als "den blöden Goldjungen" sieht, den unsere Eltern "feiern", während er alles für sie tut und nicht "gefeiert" wird.
Tatsächlich sehe ich es so, dass er (insbesondere durch die Depression damals) besonders viel Aufmerksamkeit von den beiden bekommt. Sie sind um ihn einfach besorgter als um mich.
Das Telefonat läuft noch, ich höre zwischen den Beschwerden und Vorwürfen sein Schluchzen. Mit dem selbstverletzendem Verhalten hat er auch wieder angefangen.
Ich höre mir alles an und versuche positiv zu bleiben, Verständnis zu zeigen.
"Auch wenn es sich nicht so anfühlt, es kann besser werden"
"Nein, ich habe schon alles versucht und es ist einfach scheiße und es bleibt auch so"
Nachdem ich akzeptiere, dass es keine Zauberworte gibt, die sein Problem lösen beende ich langsam das Gespräch
"Hab dich trotzdem lieb"
 

Die Zusammenfassung

Mein Bruder ist sehr unzufrieden mit seinem Leben und verbittert. Er hat sich selbst tief in die Opferrolle gesteckt.
Ich will ihm helfen, aber ich weiß dass ich das nur kann, wenn er die Hilfe will.

Aber wie kann ich es ihm erleichtern, seinen Stolz runterzuschlucken und Hilfe anzunehmen?
Ich hatte die Idee sein Bild des "Goldjungen" zu korrigieren, indem ich ihn mehr daran teilhaben lasse wo ich versage.
Ich will ihn häufiger kontaktieren,  unabhängig davon ob er gerade Probleme hat oder nicht.
Aber ich frage mich auch inwieweit gerade das Helfersyndrom aus mir spricht.
Ich habe selbst gerade Baustellen an denen ich arbeiten muss.
Ein Bruder mit Minderwertigkeitskomplexen wäre für mein Helfersyndrom die willkommene Ablenkung von meinen eigenen Problemen.

Wie seht ihr die Situation? Was kann ich tun? Sollte ich überhaupt etwas tun?

bearbeitet von Awakened

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vor einer Stunde, Awakened schrieb:

Mein Bruder ist sehr unzufrieden mit seinem Leben und verbittert.

Ist das deine Interpretation oder sagt er das?

 

vor einer Stunde, Awakened schrieb:

Ich hatte schon länger die Befürchtung, dass er mich als "den blöden Goldjungen" sieht, den unsere Eltern "feiern", während er alles für sie tut und nicht "gefeiert" wird.

Ich glaube, dass das oft eine Unzufriedenheit mit einer Situation ist und nicht mit einem Menschen.
 

vor einer Stunde, Awakened schrieb:

Er hat sich selbst tief in die Opferrolle gesteckt.

Ist das deine Interpretation oder sagt er das?
D.h. regt er sich auf und lebt dann ganz normal oder lebt er wie ein Opfer?

 

vor einer Stunde, Awakened schrieb:

Ich hatte die Idee sein Bild des "Goldjungen" zu korrigieren, indem ich ihn mehr daran teilhaben lasse wo ich versage.
Ich will ihn häufiger kontaktieren,  unabhängig davon ob er gerade Probleme hat oder nicht.

Irgendwas fake zu korrigieren finde ich nicht sehr sinnvoll.
Gerade weil nicht jeder Mensch, der aussieht, als würde er Hilfe benötigen, auch wirklich Hilfe wirklich benötigt oder sie auch will.
Mit ihm was unternehmen und wie ein erwachsener Mensch reden finde ich bestärkender als ihn indirekt wie ein kleines Baby zu behandeln oder Mama #2.
 

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Gast
vor 1 Stunde, Awakened schrieb:

Wie seht ihr die Situation? Was kann ich tun? Sollte ich überhaupt etwas tun?

Er ist der einzige der sich selbst retten kann - du kannst höchstens daneben stehen und für ihn da sein. Bitte glaub nicht dass es irgendwie deine Schuld ist oder du großartig beeinflussen kannst wie die Sache ausgeht. Sei für ihn da und biete ihm deine Hilfe an das reicht.

Ich habe eine ähnliche Geschichte mit meiner Schwester durchgemacht und hatte mal ähnliche Gedanken wie du. Die ganze Sache ist nicht gut ausgegangen..ich hoffe sehr dass es bei euch besser läuft ❤️

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vor 25 Minuten, saian schrieb:

Ist das deine Interpretation oder sagt er das?

Vor einigen Jahren hat er es gesagt. Wie er jetzt darüber denkt, kann ich nur vermuten.

vor 27 Minuten, saian schrieb:

Ist das deine Interpretation oder sagt er das?
D.h. regt er sich auf und lebt dann ganz normal oder lebt er wie ein Opfer?

Er lehnt jegliche Verantwortung für sein Verhalten ab. Wenn er überreagiert, sei jemand anderes Schuld. Es seien unsere Eltern die ihn dazu bringen, sich selbst zu verletzen.

vor 29 Minuten, saian schrieb:

Mit ihm was unternehmen und wie ein erwachsener Mensch reden finde ich bestärkender als ihn indirekt wie ein kleines Baby zu behandeln oder Mama #2.

Klingt richtig

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Gast

Die Ausraster sind oft (eigentlich immer?) ein Zeichen von Überforderung und sollten möglichst so auch gesehen und behandelt werden. 

Warum knüpfst du nicht mehr an das Kochen an? Da hattet ihr doch eine gemeinsame Basis. Ich denke mit ihm eine gute Zeit zu verbringen, wird ihn für deine Argumente empfänglicher machen. Wenn er selber nichts für sich tut, kannst du mit ihm gemeinsam positive Erlebnisse schaffen. Du weißt ja wie wichtig diese sind für den Selbstwert.

Vielleicht hilft es ihm auch zu sehen wie du mit Überforderungen umgehst. Was deine Mechanismen sind um dich im grünen Bereich zu halten. 

Ich denke im Vordergrund sollte nicht der große Bruder stehen, der dem kleinen sagt wie man lebt, sondern der Bro mit dem er eine gute Zeit hat. 

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Am 19.7.2019 um 21:57 , Minou schrieb:

Wie siehts denn überhaupt mit Therapie aus? Und Medikamenten? 

Als Teenager hat er mal eine Therapie angefangen, wenn ich mich recht erinnere hat es ihm sehr gut getan über seine Probleme zu reden. Die Therapeutin riet ihm, sich ein Hobby zu suchen. Ich weiß nicht mehr genau warum, aber danach gab es keine Termine mehr.

Hat er jemanden, zu dem er gehen kann? Macht er Sport?  
Ich weiß es nicht. Und zur Zeit leider nicht, er kommt recht selten dazu ins Fittnesstudio zu gehen.

Dann: Wieso hängt die Betreuung der kranken und anstrengenden Mutter nur an ihm? Warum hilfst du da nicht?

Rein logistisch betrachtet war es praktischer, weil er die Zeit hatte (Übergang zwischen Studium und Ausbildung) und in der Nähe war, während ich etwa zwei Stunden weit entfernt mit meiner Abschlussarbeit beschäftigt war.

Von der Logistik abgesehen, hat er natürlich genauso ein Recht auf ein eigenes Leben wie ich. Manchmal frag ich mich auch, ob ich hätte öfters auftauchen sollen.

Und wenn es nur regelmäßige Gespräche sind, wo er seinen Frust mal ablassen kann?

Das klingt nach einer echt guten Idee.

Warum kommt, wenn das Fass übergelaufen ist, "So geht das nicht, das kannst du so nicht zu ihr sagen?" Warum nicht einfach mal annehmen, was da ist, nämlich Überforderung, Wut über die ungleiche Behandlung, jede Menge Frust und seine schlechten Copingstrategien aus der Kindheit?

Der Wutanfall hat mich daran erinnert wie ich mich benommen habe, wenn ich überfordert war.

Annehmen seines Zustands scheint der richtige Weg zu sein.
Normalerweise haben alle in einem dysfunktionalem System einen ordentlichen Hau weg, es gibt aber einen, nämlich das schwarze Schaf, das am meisten ausagiert und alle Probleme der Herde übernimmt
Dass die einzelnen Mitglieder meiner Familie starke emotionale Baustellen haben seh ich ähnlich. Dass wir meinen Bruder zum schwarzen Schaf machen, möchte ich nicht glauben.


Ich habe mich kurz danach daran erinnert, dass ich ebenfalls schnell die Fassung verloren habe, wenn ich mal in der Heimat war und mit meiner Mutter zu tun hatte.
Hat mich hinterher immer selbst überrascht wie schnell das ging, weil ich mich sonst für ausgeglichen hielt. Irgendwas an meiner Mutter macht mich wieder zum frustrierten Teenager.
Bei meinem Bruder wird es wohl genauso sein mit dem Unterschied, dass er öfters mit ihr zu tun.

Eine Freundin hat mich daran erinnert wie ich noch vor einigen Jahren ähnlich frustriert und wütend war über eine bestimmte Gewohnheit meiner Mutter.
Das hielt an, bis ich verstanden habe warum sie tut was sie tut.
Mein Bruder wird wohl an genau derselben Stelle sein wie ich damals. Vielleicht bewirkt es bei ihm auch etwas, wenn er sie besser versteht.

bearbeitet von Awakened

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Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

sowohl mein Bruder als auch ich haben von unseren Eltern nicht die Liebe und Aufmerksamkeit bekommen, die wir brauchten.
Nicht weil sie uns nicht liebten, sondern weil sie mit sich selbst nicht klar kamen und sie zu sehr durch die Scheidung belastet wurden.
Dementsprechend haben wir beide unsere Komplexe entwickelt, die uns bis ins Erwachsenenalter begleiten.

Jo, halt das übliche Familienchaos. Du schreibst, dass ihr alle erwachsen seid. Naheliegend ist dann, dass deinem Bruder -und tendenziell übrigens euren Eltern auch- das hilft, was du auch gemacht hast. Nämlich erstmal ausrechende räumliche Distanz. Studium im Ausland beispielsweise.

Nächster Schritt ist dann, persönliche Distanz zum Elternhaus aufbauen. Abnabeln. Erwachsen werden. Dabei kann ne Anbindung an nen guten Therapeuten sehr unterstützen.

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Es lässt sich leider nicht leugnen, aber unsere Eltern habe mich hier und da bevorzugt behandelt.

Wenn es um den Haushalt ging, hat meine Mutter ihn gefragt und mich nicht, um es mir Recht zu machen.  (Und ja, das hat sich in späteren WGs gerächt)
Mit dem coolsten Spielzeug habe immer ich gespielt, er nur wenn ich keine Lust hatte. 

Sagst du. Wie sehen das denn eure Eltern? Haben die sich mal entschuldigt bei euch? Also aufrichtig. Und euch erklärt, dass ihr nicht Schuld seid?

Und hast du ihm erklärt, dass dir das Ganze leid tut?

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Erst als er 16 wurde und ich mein Studium anfing, befasste ich mich wieder mit ihm, aufgrund seiner Depression.

Distanzierung vom Freundeskreis, Selbstverletzendes Verhalten und starke Wutanfälle prägten sein 17. Lebensjahr.

Damals lebte ich mein Leben in meiner Studentenstadt. Ich kam zu dem Schluss, dass ich ihm nicht helfen kann, wenn er keine Hilfe annimmt. 

Kannst mal versuchen dahin zu kommen, dass ihr euch als Brüder miteinander befassst. Und zwar nicht, weils dafür nen konkreten Grund gibt. Sondern beispielsweise wegen gegenseitiger Zuneigung. Und insbesondere darum:

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Es waren schöne Tage.

 

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Heute

 

Meine Mutter ruft mich an, weil er gestern einen Wutanfall hatte.
Ich rufe ihn an und er geht auch ran.
Er erklärt mir seine Seite. Und ich kann ihn vollkommen verstehen. Unsere Mutter kann nunmal super anstrengend sein.
"Aber das ist kein Grund so zu reagieren" versuch ich ihm klar zu machen.

Kommt dir das nicht ausgesprochen eigenartig vor?

Wie kommt eure erwachsene Mutter auf die Idee, dich anzurufen, wenn ihr erwachsener Sohn einen Wutanfall hat? Und wieso zum Henker glaubst du zu wissen, wie dein erwachsener Brunder sich zu verhalten hat? 

Alter Schwese . Eure Mutter ist erwachsen. Du kannst der Frau durchaus zutrauen, dass sie alleine klarkommt. Gleichzieitig kannste dir selbst zutrauen, dass du dich nicht in die Beziehung zweier erwachsener Personen einmischen musst.

 

Davon mal abgesehen, kann übrigens das da, ein Grund sein:

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

"Doch! anders versteht sie es nicht!"

Du schreibst oben selbst, dass eure Eltern überfordert wären. Wär nicht unüblich, sondern naheliegend, dass eure Mutter von euch erwartet, dass ihr ihre Überforderung ausgleicht. Und sie darum erst dann Ruhe gibt, wenn ihr auch überfordert seid. Was dein Bruder beispielsweise dadurch kommunizieren kann, indem er nen Wutanfall hat. Ist dann nen etabliertes Beziehungsmuster. Und damit ist das, was dein Bruder sagt, nen guter Grund.

Das das insgesamt Scheisse ist -also die Symbiotik- ist klar. Nur wenn du deinem Bruder sagst, er dürfe sich nicht so verhalten - dann biste selbst aktiver Teil der Symbiotik. Damit kannste mal aufhören.

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

"Du weißt  nicht wie das ist! Du bist doch nie hier! Ich muss die ganze Scheisse mit Mama und Papa durchhalten! Und was tust du?!"
Ich hatte schon länger die Befürchtung, dass er mich als "den blöden Goldjungen" sieht, den unsere Eltern "feiern", während er alles für sie tut und nicht "gefeiert" wird.
Tatsächlich sehe ich es so, dass er (insbesondere durch die Depression damals) besonders viel Aufmerksamkeit von den beiden bekommt. Sie sind um ihn einfach besorgter als um mich.

Merkste, dass die beiden Sichtweisen von euch -also von dir un deinem Bruder- beide möglich sind? Du kannst durchaus der gefeierte Goldjunge sein, während er das Sorgenkind ist. 

Wie wärs, wenn du nen Kontakt zu deinem Bruder aufbaust, bei dem die Zuweisungen eurer Eltern sekundär sind?

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Ich höre mir alles an und versuche positiv zu bleiben, Verständnis zu zeigen.

Kannst mal versuchen, realistisch zu werden. Emotional ist es nicht positiv, wenns jemandem mies geht. Und selbstverletzendes Verhalten ist ne Stressreaktion. Da ist auch nix Positives dran. Sondern das ist was, was nahestehenden Menschen Sorgen macht.

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

"Auch wenn es sich nicht so anfühlt, es kann besser werden"
"Nein, ich habe schon alles versucht und es ist einfach scheiße und es bleibt auch so"
Nachdem ich akzeptiere, dass es keine Zauberworte gibt, die sein Problem lösen beende ich langsam das Gespräch
"Hab dich trotzdem lieb"

Von der Sache her haste Recht. Erfahrungsgemäß kann sowas sogar recht leicht besser werden. Bedeutet aber -mal direkt ausgedrückt- dass dein Bruder euren Eltern den Finger zeigt und sich um sich selbst kümmert. Naheliegend ist, dass dein Bruder das sowieso schon sehr lange will, eure Eltern das spüren und darum alle Hebel ziehen, um ihn in der gewohnten Symbiotik zu halten. Darum kannste auch mit massivem Widerstand von allen Seiten rechnen, wenn du dich nicht konform verhalten solltest.

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Die Zusammenfassung

Mein Bruder ist sehr unzufrieden mit seinem Leben und verbittert. Er hat sich selbst tief in die Opferrolle gesteckt.
Ich will ihm helfen, aber ich weiß dass ich das nur kann, wenn er die Hilfe will.

Ich würde tippen, die Opferrrolle haben ihm eure Eltern zugeschrieben. Und jetzt macht er das so, weil er sich immernoch emotional abhängig sieht. Gleichzeitig rebelliert er dagegen.

Helfen kann da ein guter Therapeut. Weil der nicht in eurem Beziehungsgeflecht drin steckt. Ne Familientherapie kannste übrigens durchaus mit deinem Bruder gemeinsam machen. So als Einstieg. Würde seiner Opferrolle und deiner Helferposition entsprechen.

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Aber wie kann ich es ihm erleichtern, seinen Stolz runterzuschlucken und Hilfe anzunehmen?
Ich hatte die Idee sein Bild des "Goldjungen" zu korrigieren, indem ich ihn mehr daran teilhaben lasse wo ich versage.

Ach wo. Ihr beiden kommt weiter, wenn ihr euch mal von diesen Rollen emenzipiert, die ihr vom Elternhaus vorgeschlagen bekommt.

Mach mehr das:

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Ich will ihn häufiger kontaktieren,  unabhängig davon ob er gerade Probleme hat oder nicht.

Und weniger das:

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Aber ich frage mich auch inwieweit gerade das Helfersyndrom aus mir spricht.

Anstelle dessen freuste dich, dass du nen Bruder hast und ihr Zeit miteinander verbringt.

 

Am 19.7.2019 um 19:25 , Awakened schrieb:

Ich habe selbst gerade Baustellen an denen ich arbeiten muss.
Ein Bruder mit Minderwertigkeitskomplexen wäre für mein Helfersyndrom die willkommene Ablenkung von meinen eigenen Problemen.

Ne, andersrum:

Deine Familie wirds ziemlich zentral sein, bei deinen Baustellen. @Minouschreibts schon: Das jüngste Kind ist meist der Sympthomträger - und von der persönlichen Entwicklung oft deutlich weiter, als die anderen Familienmitglieder. Gerade weil es sich nicht konform verhält.

Ich mein, was du von eurer Familie schilderst, also überforderte Eltern, die ihre Kinder vereinnahmen - das ist nix Besonderes. Sondern für nen einigermaßen guten Therapeuten alltäglich. Darum habt ihr da auch gute Perspektiven, sobald ihr euch drum kümmert.

Darum kannste daovn ausgehen, dass du deine Baustellen gerade dann bearbeitest, wenn du deine Familienverhältnisse sortierst. Also beispielsweise deinem Bruder ohne Vermeidungsstrategien begegnest. Also zunehmend ohne die Ausreden von wegen Helfersyndrom und Opferrolle. Und mehr von Mensch zu Mensch. Fängt mit den inner game Basics an: Du bist OK, so wie du bist - und er ist auch OK, so wie er ist.

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Seit Juli habe ich versucht die kumpelhafte Schiene "Schön, dass du bist wie du bist" zu fahren, statt "du solltest das und das machen"
konkret bedeutet das, seine Probleme nur noch mit Mitgefühl zu kommentieren, statt Ratschläge zu geben.
Mittlerweile schreiben wir regelmäßg über alltäglichen Kram, was man so gekocht hat, wie es auf Arbeit war oder wie es unseren Eltern geht.
Ich hab dabei auch angefangen ihm mehr von meinem Leben zu erzählen.
Ich finds cool.

der nächste Schritt wäre meiner Meinung nach, mich mit ihm mal über unsere gemeinsame Kindheit auszutauschen. Bei vielen Aspekten bin ich gespannt wie seine Perspektive aussieht.

bearbeitet von Awakened
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Gast

Im Grunde erkenne mich selbst in vieler hinsicht.

Ich möchte auch gerne so vielen Menschen in meinem Umfeld helfen. Das hab ich auch Jahrelang versucht und daran gescheitert.

Die meißten Menschen den ich helfen wollte, wollen keine Hilfe weil Sie sich ihrer Situation meißtens nicht bewusst sind bzw. bewusst sind und zu stolz sind.

Was ich gemacht habe:

Hilf dir selbst und Lebe dein leben. Wenn du Baustellen hast, dann arbeite daran und löse von dem Gedanken überhaupt jemanden Helfen zu können. Gerade wenn die Person es nicht willst verpulverst du deine gesamte Energie ohne einen einzigen Erfolg und am Ende entsteht eher das Gefühl, das du eine gewisse Erwartungshaltung an die andere Person aufbaust. Da sie diese Erwartungshaltung nicht gerecht werden kann kommt auch die Frustration.

Menschen mögen es zu kaufen, hassen doch wenn man ihnen was verkauft.

Verkaufe deinem Bruder nicht deine Ansichten, Wahrheit oder ähnliches. Wer fragt, der führt das Gespräch.

Erinner deinen Bruder durch geschickte Fragen was er eigentlich im Leben wollte. Wähle die Fragen so, das er durch ein Gespräch selbst auf die Antwort kommt die du ihm gerne geben wolltest. Hier kannst du deinen Bruder dann eher bei seinen eigenen Worten packen.

Darüber hinaus gibt es einen schönen Spruch.

WIE IST MAN EINEN ELEFANTEN?

Stück für Stück.

Die meißten Menschen sind eben viel zu ungeduldig und wollen gleich Ergebnisse sehen, meine Eltern bearbeite ich mittlerweile seid drei Jahren und freue mich schon sehr. Wenn sie mich sehr oft Zitieren und Sachen sehen die sie früher nicht gesehen haben.

Ich hoffe das konnte dir helfen?

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