Clash of Civilizations

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Willkommen zu meinem Auslandstagebuch,

mein Erasmus-Jahr hat gerade begonnen und von jeder Ecke hört man "das wird die schönste Erfahrung deines Lebens" oder "Höhepunkt des Studiums", "eine einzige, ewige Party". Ja, gerade letztes scheint es ganz gut zu treffen. Zumindest an Angeboten zu Feiern mangelt´s mir hier in Florenz sicher nicht, doch was nützt´s, wenn man das Angebot nicht annimmt? Dieses Tagebuch soll mir eine kleine Motivationshilfe sein, rauszugehen, Spaß zu haben, die Zeit wirklich zur schönsten meines Lebens zu machen.

Aller Anfang ist schwer, sagt der Volksmund und umso schwerer ist ein Neustart, je weniger man mit der Landessprache vertraut ist. Und auch mein Englisch ist zum Weinen mittelmäßig, doch ich spüre, wie es sich nun nach und nach entwickelt. Leider gibt es hier im Moment noch ein wenig Leerlauf. Ja ehrlich gesagt, die letzte Woche, meine erste, war richtig langweilig. Außer ein paar deutschen Mädels hab ich hier noch keine Kontakte. Das soll sich ändern, sobald der Sprachkurs morgen beginnt.

Manchmal zweifel ich, ob dies für mich der richtige Zeitpunkt ist. Ich bin zurückhaltend wie nie zuvor in meinem Leben, richtig schüchtern, ein nice guy, dass es mich manchmal selbst schüttelt. Dabei weiß ich, dass so viel mehr in mir steckt, doch das letzte Jahr hat mich verschlossen gemacht, ich kann nicht sagen, wieso. Mein letztes Mädchen hatte ich vor einem Jahr, nicht mehr als eine kurze Affaire, ich wollte nichts von ihr, also hab ich´s beendet. Seitdem nichts als Arbeit und Studium. Ausgegangen bin ich wenig, neue Leute hab ich nicht kennengelernt. Und nun schmeiß ich mich selbst ins kalte Wasser.

Ich habe in der letzten Zeit mein Verhalten oft reflektiert. Ich fühle mich minderwertig, wenn ich mit anderen ins Gespräch komme, ob Mann oder Frau, fühle mich unterlegen, versuche ständig zu gefallen. Meine Gespräche geraten recht schnell ins Stocken und es entstehen Pausen, ich schaue nach unten, fange mit einem neuen Thema, irgendeinem Stuss, oft das Wetter, von neuem an oder stelle dämliche Fragen, eigentlich besteht mein Smalltalk nur aus Fragen stellen. Zudem bin ich notorischer Nörgler, wenn ich aus meinem Leben berichte, berichte ich oft von etwas, worin ich unsicher bin, was ich nicht kann oder nicht verstehe. Oder - was mache ich gerade? Ich strahle Negativität aus.

Diese Sachen sind mir bewusst geworden, also habe ich mir für diese Woche vorgenommen:

- Leute kennenlernen, aller Nationen, Social Circle bilden und ausgehen

- in Gesprächen NUR schöne Dinge zum Inhalt machen!

Verzeiht mir, wenn sich das ganze noch wenig nach PickUp anhört. Ihr habt natürlich recht, doch meine Baustellen sind zunächst einmal viel profaner. Ich muss mich langsam erst einmal wieder gewöhnen, mich unter (neuen) Menschen aufzuhalten und, für viele selbstverständlich, dabei Spaß zu haben!

Ich bin der Meister der Selbstzweifel und dieser Text liest sich düsterer, als meine Situation wirklich ist. In diesem Forum les ich seit Jahren immer mal wieder ein wenig, hab den ein oder anderen Trick auch ausprobiert und ich werd schnell wieder reinfinden.

Bis bald!

Bacino

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Hey Bacino,

zunächst mal ganz viel Spaß bei deinem Auslandssemester!

Ich selbst bin bisher nicht in den Genuss gekommen, aber Freunde von mir haben so ihre Erfahrungen mit Erasmus gemacht.

L. zum Beispiel: L war in der Uni immer sehr zurückhaltend und schüchtern, wenn wir unterwegs waren hat er zwar mit Frauen gesprochen, aber so wirklich viel ist da glaub ich nicht rumgekommen. Dann ging er für ein halbes Jahr nach Prag. Der Junge ist kaum wieder zu erkennen. Hat in seiner persönlichen Entwicklung einen unglaublichen Schub nach vorne gemacht. Hat in einer Nacht mit vier verschiedenen Frauen rumgemacht, ist mit einer fünften heimgegangen und hat die 6., ihre Mitbewohnerin, am Ende flachgelegt. Hätte ich ihm nie zugetraut, aber Erasmus machts möglich.

Ich hab ihn in Prag besucht, die Partys waren der Hammer, eine einzige Sauferei und Fickerei!

Er hat zwar jetzt eine Fernbeziehung zu ner Spanierin, die er dort kennen gelernt hat, aber ich bin sicher, er könnte inzwischen im normalen Leben in Deutschland massig HBs layen.

Du musst kein Small-Talk-Meister werden, im Erasmus-Jahr wollen die Weiber keine stundenlangen Unterhaltungen mit dir! Sie wollen von dir meistens nur eines, und zwar, dass du ihnen verdammtnochmal die Seele aus dem Leib vögelst! DAS ist Erasmus!

Lange Rede, kurzer Sinn: Lass dich komplett auf das ein, was dich erwartet. Spring über deinen Schatten, wenn du Angst hast. Und am wichtigsten: Mach das, worauf du Bock hast! Ich bin mir sicher, du wirst in dieser Zeit auf deine Kosten kommen!

Have fun!

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Hah, du hast es auf den Punkt gebracht, Sherlock. :-p

Ich hab mir deinen Rat zu Herzen genommen und bin heut über meinen Schatten gesprungen.. aber von Anfang an (Warnung: Kein PU-stuff, eher langweilig, nur meine bescheidenen Versuche mich zu sozialisieren). Der Kurs war ein Reinfall. Mit viel Wohlwollen ein Mädchen, was man als hübsch bezeichnen kann. Dafür waren ein paar andere Leute da, mit denen ich Nummern ausgetauscht hab. Eigentlich wollten wir heute zusammen zur Party aber da haben sie dann doch nen Rückzieher gemacht.

Was jetzt also, da saß ich abends allein daheim. Soll ich alleine zur Fete gehen? Noch dazu noch nüchtern? Pick Up schwört ja darauf, also los, versuch ich´s halt mal. Ab zur ersten location, aber was ist das?? Ne Bar, vielleicht 15 Leute da. Ich hab eher nen prall gefüllten Club erwarten. Hab gleich nen Rückzieher gemacht und mich auf ne Zigarette in nen Park gesetzt. Krass, wie schwer das ist, ich hatte wirklich Schiss (wovor eigentlich?). Aber ich wollte Leute ansprechen, also zurück. Ich zwang mich. "Ist das hier wirklich die Erasmus-Party?" Die zwei Italiener grinsten und verneinten. Falscher Tag, die war gestern, meinten sie. Na gut, das erklärt einiges. Hab mich noch ein paar Minuten mit denen unterhalten, sie waren doch erstaunlich offen und erzählten mir, was hier so "abging". Später würde noch irgendeine Blondi kommen und singen. Ich lehnte dankend ab, Blondi kenne ich nur als Hundename..

Also bin ich weitergezogen. Mir kam ein blondes Mädchen entgegen. "Du siehst aus wie ne Erasmus-Studentin", eröffnete ich das Gespräch. Sie wich ein wenig zurück, antwortete dann aber freundlich und lächelte mich an. War doch ne Italienerin, konnte aber sehr gut Englisch und hat mir den Weg zu ner Erasmus-Party erklärt. Ich hätte das Gespräch noch länger ziehen sollen. Stattdessen verabschiedete ich mich schnell wieder und ging weiter und was seh ich schließlich? Ja, so hab ich mir das vorgestellt: Da war der Club, da waren die Leute, da wurde Englisch gesprochen. Eintritt frei, ein Getränk dazu, also nichts wie rein. Drinnen hab ich dann die Bekannte aus meiner Heimatstadt getroffen, die mit mir zusammen Erasmus macht, begrüßt und ein paar Worte gewechselt. Sie hat mir nen Typen vorgestellt, mit dem sie da war. Ja, schön und gut, aber auf noch mehr Deutsche hatte ich jetzt keinen Bock, also holte ich mir mein Freigetränk und hab mich zu ner anderen Gruppe gesellt. Stellte sich als eine ungewöhnliche Mischung aus Brasilianern und Finnländerinnen heraus. Ich hab sie angesprochen und versucht mich zu unterhalten, was, ganz abgesehen von der Sprachbarriere, wegen der Lautstärke doch eher anstrengend war.

Ich ging raus, um eine zu rauchen. Da hab ich dann zwei Thailänderinnen angesprochen, ziemlich hübsch, aber mit Schlitzaugen kann man mich jagen. Egal, darum ging´s grad nicht. Das Gespräch war sehr lässig, zwar der ganze Random-stuff, wie: Wo kommst du her? Was studierst du? Blabla. Die hübschere von beiden hat E-Zigaratte geraucht und das hat mich neugierig gemacht. Sie hat mich ziehen lassen. Ziemlich gut. Die Mädels schien mir alle ziemlich offen zu sein (zumindest für Unterhaltungen), aber irgendwann ging es dann natürlich doch wieder rein. Aber beim Blick auf die Tanzfläche bin ich gleich wieder umgedreht. Dort fühle ich mich einfach super unwohl, weil ich ob meiner Größe gleich auffalle und mir nicht die Blöße geben wollte, dumm alleine rumzudancen. Leider bestand der Laden quasi nur aus Tanzfläche. Also wieder raus, ich glaub ich werd zum Kettenraucher. Dort hab ich dann ein Viererset getroffen, Südländer. Ich hab gedacht, ich probier´s mal auf die ehrliche Art: "Hey ich bin B. und ich muss ein paar Leute kennenlernen" Kam besser an, als es sich liest, die zwei Spanierinnen haben sich sichtlich gefreut und sich mir zugewandt und ab von den zwei italienischen Typen. Haben ein wenig über spanische Musik palavert (Lebt der Iglesias eigentlich immer noch?) und uns über Sprache unterhalten. Ich hatte auch wenig Hemmungen, ziemlichen Stuss von mir zu geben, denn mein Englisch war weit überlegen. Scheinbar hab ich sie genügend beeindruckt, mich mit auf die Tanzfläche zu nehmen. Doch da schein ich echt eine Art Trauma zu haben. Hab gleich wieder Kehrt gemacht, diesmal endgültig denn die Zigaretten gingen mir aus und dieses Hin und Her ging mir langsam auf den Sack. Also ab zurück.

Keine Ahnung, was ich von diesem Abend halten soll. Ich hab jetzt ziemlich viel geschrieben, ohne viel Inhalt. Für mich war es aber ein Riesenschritt, alleine rauszugehen und Leute anzulabern. Haben alle super freundlich reagiert. Andererseits: wirklich neue Leute kennengelernt hab ich auch nicht.

(+) nüchtern und allein weggegangen :good:

(+) Smalltalk lief immer ganz gut

(-) Immer ein Stöckchen im Popo, mehr Humor (C&F), mehr, bzw. überhaupt, Komplimente!!

(-) allein auf der Tanzfläche? Horror! (LB?) Ich glaub, sobald ich erst mal einen Social Circle zusammen hab, macht Club mehr Sinn.

Entschuldigt meinen Schuljungen-Aufsatz. An meinem Schreibstil werd ich auch noch arbeiten müssen. :-p

Cheers

Bacino

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Gast

Super, dass du dich überwunden hast! Ich bin mir sicher du wirst ne geniale Zeit haben. ;)

Zum Thema Tanzfläche: Kein Schwein juckt es da, ob jemand allein tanzt (wenn du nicht grade extrem auffällig am abspacken bist). Im Gegenteil, allein auf der Tanzfläche (also wirklich allein, bevor jemand anderes überhaupt tanzt) zeugt eher von gutem Selbstbewusstsein - gerade nüchtern. Ich hab schon öfter zu hören bekommen "Was, du gehst auf ne leere Tanzfläche und das nüchtern?! Das könnte ich nie!".

Verlangt keiner, dass du hier Travolta oder Jackson machst, einfach bisschen zur Musik bewegen und es genießen (beim Tanzen macht die Ausstrahlung 90% aus und die kommt nur, wenn man es auch gerne macht!).

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Hör auf dich zu rechtfertigen, super Bericht, hast dich doch aus der Komfortzone bewegt. Weiter so!

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