Die Qual der Wahl (Berufschschancen, Chemie, Bio)

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Gast GreenMile

Hi,

Ich stehe zur Zeit vor einer dieser richtungsweisenden Entscheidungen, die meine berufliche Zukunft bestimmen wird. Dabei könnte ich euren Rat gebrauchen, ich halte mich kurz:

Ich werde bald meinen Bachelor in Chemie machen, genauer gesagt "Pharmazeutische Chemie" ,-ein Studiengang ähnlich wie Pharmazie, jedoch weit nicht so umfangreich wie bei Pharmazie, dafür eher auf industrielle Synthese, Analyse usw. spezialisiert. Im Anschluss daran wird der Master mit entsprechender Spezialisierung angefügt.

Ich muss entscheiden zwischen:

1. Entweder ich gehe ich meiner wahren Leidenschaft nach und speziallisiere mich auf Biochemie/Mikrobiologie im Bachelor und Master, muss ich wohl in Kauf nehmen dass es sehr schwer ist eine Stelle zu bekommen da viele Stellenangebote wohl befristete Forschungs- oder Promotionsstellen sind. Außerdem ist der Verdienst (vor allem in Relation zum Arbeitsaufwand) offenbar niedriger im Vergleich zum klassischen Chemiker.

2. Ich ändere meine Pläne und spezialisiere mich auf Organische Cheme/Synthesechemie oder Pharmazeutische Technologie im Bachelor und Master und bin damit (angeblich) fein raus. Als Master of Science mit Schwerpunkt auf Synthese und sowas ist man wohl konkurenzstärker, es gibt mehr Stellen und der Verdienst ist im Mittel wesentlich höher.

Gibt es hier Tätige in diesen oder ähnlichen Bereichen, die aus Erfahrung sprechen können?

Meine Internetnetrecherche zugunsten meiner Leidenschaft im Biochemischen Bereich fiel durchwegs ernüchternd aus. Der Regelweg scheint zu sein, bis zum Doktor/Promotion durch zu machen und dafür 50 Wochenstunden (private Arbeit nich eingerechnet) bei Vergütungen im Bereich 30.000-40.000/Jahr € durchzuhalten. Am Ende ist man Doktor aber eher Arbeitslos weil es in den Bereichen nur 2 Stellentypen gibt: Labormitarbeiter oder Laborleiter. Als Labormitarbeiter ist man dann meist überqualifiziert und Laborleiterstellen gibt es ja auch nicht wie Sand am Meer. Die Industrielle Synthese boomt jedoch. Pharmaunternehmen suchen permanent nach neuen Reaktionenswegen um Wirkstoffe herzustellen. Als Master kann man dort anscheinend auch in große Unternehmen einsteigen, um im Labor für die zu kochen wie bei Breaking Bad und mit nem schönen Gehaltscheck nach Hause gehen. Ich habe Zahlen von 60.000-70.000€/Jahr gelesen...da hätte sich das studieren ja sogar gelohnt!

Ich bin im Zwiespalt. Meine Leidenschaft gehört nach wie vor den Mikroorganismen und vielem anderen im Biochemischen Bereich. Doch wenn ich jetzt jedoch schon absehen kann, wie hart es wird damit einen guten (und gut bezahlten) Job zu finden, bin ich am straucheln. Interessen aufgeben und verlagern?

ps. Ich werde auch mal mit ein paar meiner Profs sprechen und hören was sie so dazu sagen.

bearbeitet von GreenMile

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Also ein Doktor in Chemie fängt bei Bayer nicht unter 100k an. Also wenn du einen 10 Jahres Vertrag unterschreibst nachdem sie dir deinen Doktor bezahlt haben. So habe ich es zumindest von 2 Leuten gehört die jeweils so eine Stelle inne hatten.

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Hallo GreenMile!

Ich kann dich nur ermuntern dich in Biochemie/Mikrobiologie zu spezialisieren. Der Grund ist einfach: Du brennst dafür, das kann man ja leicht herauslesen. Ich habe noch einen weiteren Vorschlag für dich, gerade weil die Stellensuche sich nach deinem Abschluss schwierig gestalten soll (ich muss gestehen, dass ich das nicht beurteilen kann, nicht mein Bereich):

Wie wäre es Patentanwalt zu werden, Schwerpunkt Chemie? :)

Du müsstest "lediglich" drei weitere Jahre an der Fernuniversität Hagen studieren, meines Wissens verlangen die zwei Jahre Berufserfahrung und natürlich einen Master in Chemie. Du wärst mit diesem Job am absoluten Puls der Zeit, kannst deiner Leidenschaft nachgehen und bist für Umfassend für den Schutz von Patenten und Gebrauchsmustern zuständig.

Sorgen um einen Job brauchst du dir danach nie wieder zu machen.

Hope this helps a little!

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Gast botte

Hi GreenMile,

ich denke, ich kann Dir ein paar Sachen mitgeben - ja, ich bin aus der Branche, habe Chemie studiert und inzwischen auch schon ein paar Jährchen gearbeitet. Als ich Deine derzeitigen Vorstellungen gelesen habe, musste ich schmunzeln - das meiste davon stimmt schon seit über 10 Jahren nicht mehr, der Rest war auch damals schon Wunschdenken. Ein paar Sachen...

...zur Wahl des Studienfachs: Das traditionelle Geschäftsmodell der pharmazeutischen Industrie, in großem Maßstab Wirkstoffe zu synthetisieren, ist tot. Damit auch das Berufsbild des gutbezahlten Laborleiters in der Synthesechemie. Synthese wird inzwischen oft outgesourced zu Dienstleistern, gerne auch mal nach Indien oder China. Der derzeit stabile und wachsende Zweig sowohl in der Pharma als auch in der allgemeinen chemischen Industrie sowie bei Zulieferern heisst Biochemie bzw. Biotechnologie. Wirkstoffe sind zunehmend Proteine, Peptide, Oligos und ähnliches. Hergestellt werden diese durch Fermentation. Auch hier macht Big Pharma das aber häufig nicht mehr selbst, sondern kauft sich die Wirkstoffe oder ganze Pipelines häufig von kleineren Biotech-Firmen ein. Ich halte daher Deinen "Herzenswunsch" Biochemie für die deutlich! bessere Variante. Mikrobiologie als Teilgebiet allerdings nur bedingt, eher Genetik, Strukturbiologie, Bioinformatik und Biostatistik. Harvey's Empfehlung zum Patentanwalt ist übrigens auch eine sehr gute, das ist ein extrem stabiler Berufszweig, allerdings mit eingeschränkter Standortwahl, heisst für die meisten entweder München (deutsches Recht), Schweiz oder Brüssel (EU-Recht). Lass bitte dringend die Finger von der organischen Synthese....

...zu den Gehaltsvorstellungen: schau mal im Internet, dort gibt es entsprechende Infos über Durchschnittsgehälter zum Einstieg. Nach meinen Informationen etwa 35-45 kE p.A. für Masterabsolventen, 45-50 kE p.A. mit Promotion. In großen Firmen etwas höher, in kleinen meist etwas weniger. Die Promotion wird für alle hochwertigen Jobs erwartet, mit wenigen Ausnahmen.
...zur Promotionsvorbereitung: es gibt da - neben der Motivation - zwei Hauptprobleme: die Dauer und die Finanzierung. An vielen Universitäten ist die Dauer der Promotion nicht begrenzt, Du bist erst fertig, wenn Dein Doktorvater bzw. -mutter glücklich ist - wann auch immer das ist ;) Viele Unis Arbeiten aber auch mit Graduiertenschulen o.ä., das sind etwas gestraffte Programme für z.B. 3+1 Jahre, bei denen auch die Dozenten sehr stark in die Pflicht genommen sind, dass ihre Studenten fertig werden. Ausserdem müssen diese in den meisten Fällen auch finanziert werden können. Diese Konstrukte sind sehr(!) empfehlenswert. Viele Studenten suchen sich inzwischen die Uni für die Doktorarbeit nach der Verfügbarkeit solcher Programme aus. Eine gute Bezahlung im Rahmen der Doktorarbeit hängt etwas davon ab, wo man promoviert. An meiner lokalen Uni ist ein Doktoranden"gehalt" im guten Fall 50% TV-L E13, das sind derzeit etwa 1700 Euro brutto monatlich. Nach Abzügen und KV bleiben dann etwa 1250 Euro netto monatlich übrig. Masterstudium und Masterarbeit selbst werden nicht per se bezahlt, und auch während der Promotionsvorbereitung gibt es keine Verpflichtung Deiner Uni, Dich zu bezahlen.
Ich hoffe, das schreckt Dich jetzt nicht ab - Lehrjahre sind immer noch keine Herrenjahre - aber das Studium kann trotzdem eine fantastische Zeit sein. Freu Dich drauf, egal, wie Du Dich entscheidest!
botte
edit: Von 50 Wochenstunden können die mesiten Doktoranden im letzten Jahr nur träumen.
bearbeitet von botte

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Gast GreenMile

Erstmal danke für eure Beiträge.

Die Option "Patentanwalt" lasse ich erstmal hinten anstehen, das ist zwar eine gute Idee, auf die ich per Internetrecherche auch schon gekommen bin, jedoch möchte ich in erster Linie als Wissenschaftler arbeiten und nicht als Anwalt.

@Botte: Dein Beitrag macht mir jedenfalls Mut, meine Interessen weiter zu verfolgen, denn die Perspektive dass zukünftige Verfahren/Forschungsschwerpunkte in den Bereichen der Biochemie/Biotechnologie/Genetik usw. weiter zunehmen halte ich ebenfalls für realistisch.

Offenbar ist der Dr. ja wirklich das A und O. Was mir wirklich Sorgen macht ist in erster Linie die Promotion. Der Arbeitsaufwand scheint enorm zu sein und die Finanzierung während der Promotion schwierig. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg, worüber ich mir jetzt (bewusst) nicht zu viele Gedanken machen will. Erstmal Bachelor und Master feddig machen.

Was ich noch nicht verstehe @Botte: Du sagst, dass die meisten Doktoranden von 50 Wochenstunden nur träumen können. Liegt das nun daran, dass die eigene Promotionsarbeit so viel mehr Arbeitsaufwand abverlangt um sinnvolle Ergebnisse erzielen zu können oder ist man als angehender Doktor mit zu viel Zeug abseits seiner Doktorarbeit beschäftigt, dass es schwierig ist das eigene Projekt durchzuführen? Wäre schön wenn du mir dort noch ein wenig Licht ins Dunkle bringst.

mfg

GreenMile

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Gast botte

Erstmal danke für eure Beiträge.

Die Option "Patentanwalt" lasse ich erstmal hinten anstehen, das ist zwar eine gute Idee, auf die ich per Internetrecherche auch schon gekommen bin, jedoch möchte ich in erster Linie als Wissenschaftler arbeiten und nicht als Anwalt.

@Botte: Dein Beitrag macht mir jedenfalls Mut, meine Interessen weiter zu verfolgen, denn die Perspektive dass zukünftige Verfahren/Forschungsschwerpunkte in den Bereichen der Biochemie/Biotechnologie/Genetik usw. weiter zunehmen halte ich ebenfalls für realistisch.

Offenbar ist der Dr. ja wirklich das A und O. Was mir wirklich Sorgen macht ist in erster Linie die Promotion. Der Arbeitsaufwand scheint enorm zu sein und die Finanzierung während der Promotion schwierig. Aber bis dahin ist es noch ein weiter Weg, worüber ich mir jetzt (bewusst) nicht zu viele Gedanken machen will. Erstmal Bachelor und Master feddig machen.

Was ich noch nicht verstehe @Botte: Du sagst, dass die meisten Doktoranden von 50 Wochenstunden nur träumen können. Liegt das nun daran, dass die eigene Promotionsarbeit so viel mehr Arbeitsaufwand abverlangt um sinnvolle Ergebnisse erzielen zu können oder ist man als angehender Doktor mit zu viel Zeug abseits seiner Doktorarbeit beschäftigt, dass es schwierig ist das eigene Projekt durchzuführen? Wäre schön wenn du mir dort noch ein wenig Licht ins Dunkle bringst.

mfg

GreenMile

Hallo GreenMile,

ja, die Vorbereitung der Doktorarbeit ist in vielen fällen kein Spass. Das liegt zum einen daran, dass nicht von vornherein feststeht, was Du tun musst, um fertig zu sein: die Doktorarbeit ist der Ausweis, dass Du zu selbständiger Forschungstätigkeit befähigt bist, und die entsprechenden Projekte haben dann oft ein offenes Ende. Entsprechend ist auch die Benotung nicht klar skaliert. Und ja, dann bekommst Du von Deinen Betreuern (Doktorvater, Doktormutter) häufig auch noch Nebentätigkeiten und -projekte übergedäut. Das ist aber nicht in allen Fällen schlecht, weil sich daraus oft noch Koautorenschaften auf Publikationen ergeben, die sich wiederum positiv auf die Note auswirken können. Das sollte man vorher mal herausfinden, zum Beispiel in dem man vor der Wahl des Promotionsprojekts mal das Publikationsverhalten am Lehrstuhl checkt oder mit dort befindlichen Doktoranden spricht.

Im Results sind die erste zwei Jahre der Doktorarbeit, wenn der Druck fertig zu werden noch nicht da ist, oft eine sehr, sehr coole Zeit (mit viel Arbeit). Und das letzte Jahr ist meistens eine ziemlich harte Zeit (mit scheiss viel Arbeit). Die Finanzierung ist nicht in jedem Fall schwierig, wenn Du Deinen Lehrstuhl bzw. Institut gut auswählst; die Bezahlung ist halt nur nicht gut. Wegen des Geldes während der Promotionszeit wirst Du es nicht machen wollen ;) Wenn Du mit möglichst geringem Aufwand eine gut bezahlte Anstellung finden willst, sind die Naturwissenschaften aber m.E. eh nicht die richtige Wahl - das geht woanders leichter.Aber: folge Deinen Interessen. Viel arbeiten kannst und wirst Du überall. Tu es dort, wo es Dich kickt!

botte

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Die grundlegende Entscheidung ist ob du in die Industrie oder in die Forschung willst. In der Industrie bekommst du ein gutes Gehalt und eine feste Stelle, in der Forschung hast du die Möglichkeit auf höherem Niveau zu arbeiten, allerdings musst du dich dort von Post-Doc zu Post-Doc-Stelle durchschlagen. Die meisten geben irgendwann auf und gehen doch in die Industrie.

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