nadu

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  1. Aus deinem 1. Posting entnehme ich, dass du zu den paar Prozent gehörst, die finanziell gut bis sehr gut abgesichert sind. Auch ich gehöre zu der Gruppe; ebenso wie bei dir die Eltern, sind es auch bei mir die letzten zwei Generationen, die mit einer Unternehmensgründung dafür gesorgt haben, dass ich mit anderen Zwängen aufgewachsen bin, als der Durchschnittsschweizer. Dazu möchte ich dir (aber auch allen anderen) ein paar Denkanstösse geben. Da uns keine genaueren Angaben zu dir zur Verfügung stehen, hier für alle Leser eine Zusammenfassung: Du kommst aus "gutem" Hause, deine Eltern führen ein erfolgreiches Unternehmen, du bist (erfolgreicher?) Sportler, anscheinend Student, Anfang 20, seit kurzem wieder Single. Ich kann nicht für dich sprechen, lediglich meine Erfahrungen bzw. mein Aufwachsen in der sogenannten "Elite" (wie ich das Wort hasse) schildern. Über meine ersten paar Lebensjahre weiß ich nicht viel, außer, dass ich mehr Zeit mit meinem Kindermädchen verbracht habe, als mit Mutter und Vater gemeinsam. Das ist schon mal einer der Punkte, die in der Bevölkerungsschicht vermehrt auftreten. Bezugspersonen sind nicht zwangsläufig verwandt. Ich hab meine Eltern eh noch "oft" gesehen. Abends haben sie mir oft was vorgelesen und am Wochenende gabs meist einen (Halb-) Tag, der für die Familie reserviert war. 2x im Jahr in den Urlaub. Aber die restlichen 280 Tage im Jahr wahr mein Kindermädchen, die Haushälterin und ihr Mann, der sich rund ums Haus darum kümmerte, dass der gepflegte Eindruck erhalten blieb, und deren Tochter Julia (sie spielt eine wichtige Rolle), die ein Jahr älter ist als ich, meine Kontaktpersonen und ersetzten Vater, Mutter und Geschwister. Rein theoretisch kann ich mich also nicht beklagen, ich musste nie alleine sein, wenn ich nicht wollte, hatte ein tolles Klettergerüst im Garten (was mit zunehmendem Alter immer unattraktiver wurde) und mit der Tochter eine Freundin, mit der ich jeden Tag in die Schule laufen konnte, und die mich bis heute als mich sieht und nicht den zukünftigen Geschäftsführer und Inhaber des Familienunternehmens, als den mich viele Studienkollegen und andere Bekannte sehen. Aber dazu später mehr. Jetzt habt ihr schon mal eine kleinen Einblick wie mein Leben aussah, bis ich 14 war. Es hat mir an nichts gefehlt, aber meine "Familie" war leider nicht mit mir verwandt und hatte nebenher noch eine echte Familie. Als ich älter wurde (mit älter meine ich 12+) wurden auch die Erwartungen an mich größer. Ich sollte gut in der Schule sein, beim Sport (Schwimmen) vorne mitmischen, ... Zu der Zeit erkannte ich dann das erste mal so richtig, was mich von meiner "Schwester" unterschied. Unsere "Eltern" waren stolz, wenn wir in Mathe eine 4.5 heimbrachten, meine Eltern erwarteten eine 5.5+. Sie spielte Handball, weil es ihr Spaß machte, ich ging Schwimmen, weil es mir einerseits Spaß machte, andererseits weil meine Eltern sonst sicher einen anderen Sport für mich "gefunden" (ausgesucht) hätten. Mit 14 endete die Zeit des gemeinsamen Schulwegs. Julia ging weiter aufs Gymnasium, ich kam ins internationale Internat. Heißt soviel wie: Unter der Woche wurde an uns gefeilt, politische Bildung, Geschichte, Etikette, Hemd & Krawatte, Deutsch, Englisch, Französisch, Latein und eine weitere Wahlsprache. Am Wochenende gings ab nach Hause. Die "gesellschaftlichen" Verpflichtungen wurden mehr, ich "durfte" mit auf alle möglichen Veranstaltungen. Meine Erinnerungen an die Zeit sind aber nicht nur negativ! Ich bekam wieder etwas mehr Freiheiten, konnte, solange die Leistungen stimmten, in meiner Freizeit viele Dinge tun, was es mir erlaubte, an manchen Wochenenden und in den Ferien Zeit mit Freunden und Julia zu verbringen. Mit ihr blieb ich die ganzen 4 Jahre, die ich im Internat verbrachte in engem Kontakt. Zuerst waren es Emails und Telefonate, dann als Facebook nach Europa kam, eben über Facebook. Mit 17 und 18 (die zwei letzten Sommerferien vor der Matura) ging ich mit Julia und ihren Eltern in den Urlaub. Es war super. Bulgarien, kleines Hotel, 5 Minuten vom Strand entfernt, Küche im Zimmer in der wir sogar ab und zu kochten. Ein Urlaub wie ich ihn bis dahin noch nie hatte. Wenn ich mit meinen Eltern in den Urlaub fuhr waren es irgendwelche Schickimicki-Hotels, noble Restaurants (dort hab ich dann auch den Sinn von Französischunterricht herausgefunden).. Für einen Bruchteil des Geldes hatte ich in den zwei Jahren die wohl besten Wochen. Niemand behandelte mich, als ob ich was besonderes wäre. Wir spielten mit anderen Jugendlichen am Strand Volleyball, saßen Abends bis in die Nacht hinein noch zusammen am Strand und alle meinten, ich und Julia seien Geschwister. Sie sagte nie etwas, was für mich auch ein Zeichen war und ist, dass sie wusste, dass ich liebendgern ihr echter Bruder wäre. Wir waren wie echte Geschwister; normalerweise hätten wir früher oder später knutschend im Sand landen müssen, aber es kam mir nie auch nur der Gedanke, dass zwischen uns etwas Sexuelles laufen könnte. Auf Partys, auf die wir uns meistens gegenseitig begleiteten, knutschte sie mit nem Typen und ich hatte was mit nem Mädel, nach Hause gingen wir zwei meistens wieder ohne andere Begleitung. Nach der Matura hieß es Universität. ETH Zürich. Julia ging an die Universität Zürich (für die die noch nie Zürich besucht haben: ETH-Tür raus, Uni-Tür rein). Weiterhin wohnten wir zu Hause, gingen gemeinsam auf alle möglichen Feiern (Polyball, Street Parade, Studentenpartys, WG-Feiern, ...). Dass ich in Zürich blieb um zu studieren war ein Fehler. Dort kennten viele meinen Familiennamen und die die von weiter her kamen, wurden schon bald aufgeklärt. Manche suchten meine Nähe, andere mieden mich, weil ich ja doch nur ein reiches Bürschchen sein konnte, dessen Leben nur perfekt verlaufen konnte; keine Sorgen, "gestopft" bis oben hin, ... Standardvorurteile eben. Manche sahen mich auch als Konkurrenz bei den Mädels, woran ich manchen Mädels die Schuld gebe. Ihr kennt den Effekt: Ein Typ kommt in die Bar und schmeißt mit Geld um sich, kauft Drinks .. manche Mädels zieht das an, sie lassen den netten Kerl, der sich überwunden hatte und sie angesprochen hatte links liegen und werfen sich dem Typen an den Hals. Ich hab nie einem Mädel einen Drink ausgegeben, ausgenommen Julia und noch ein paar alten Schul- und Sportkollegen, die sich über lange Zeit als wahre Freunde bewährt hatten. Die Mädels kamen trotzdem und wollten mit mir quatschen. Eigentlich wollten sie ja was anderes, aber das muss ich hier ja nicht erklären. Ich fing dann eine Beziehung mit Seraina (Freundin vom Schwimmen) an, wodurch sich die Lage etwas besserte. Die Beziehung hielt nur 15 Monate, aber sie ist immer noch eine super Freundin. Was ich sagen will, der TE hat zwar durch seinen sozialen Status manche Vorteile, aber auch Nachteile, vergesst das nie. Das wärs auch schon zur Studentenzeit. Meinen Abschluss hab ich vor 4 Jahren gemacht, danach ein Jahr nach Amerika in die Firma eines Geschäftspartners meiner Eltern. Dort konnte ich das erste mal seit den Urlauben in Bulgarien wieder einfach ich sein. Mein Name sagte niemandem etwas, ich war einfach ein Schweizer, der ein Praktikum in den USA macht. Dort war es auch, dass ich das erste mal etwas von Pick Up gehört habe. Das ist meine Geschichte und sie soll euch folgendes zeigen: Oft haben "reiche" Kinder ein ganz anderes Familienempfinden.Die Erwartungen sind meist höher als in anderen Familien, was auch zu höheren Erwartungen an sich selbst führt.Vorurteile wie Bonze sind weit verbreitet.Manche haben eine Julia in ihrem Leben, die er sein ganzes Leben lang geliebt hat, Mitte 20 realisiert, dass es nicht nur Geschwisterliebe ist, sondern viel mehr. Gleichzeitig aber weiß, dass er nie mehr als die engste Freundschaft mit ihr haben kann, weil er für sie der Bruder ist, den sie sich gewünscht hat. Deshalb mach ich Pick-Up. Ich bin mir sicher, dass ich nie mehr (zumindest nicht, bevor ein anderer Mann der Mann von Julia geworden ist) eine ernsthafte Beziehung mit einer Frau haben kann.Entweder aus diesem Grund oder aus einem anderen, sind "reiche" Menschen oft trauriger als andere, und wer selbst nicht in der Situation ist und es nicht kapiert, fasst es nicht als Traurigkeit auf, sondern als Undankbarkeit oder weiss-ich-was.