Misserfolgsmotivation - oder töte deine Erwartungen

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Ein signifikanter Unterschied zwischen "Gewinnern" und "Verlierern", zwischen Maker und Faker und nicht zuletzt zwischen psychisch Gesunden und Neurotikern liegt wohl in der Bewertung und daraus resultierend dem zukünftlichen Handlungsspielraum nach Misserfolgen. Und damit meine ich vor allem komplette Niederlagen.

Nach lediglich Teil-Misserfolgen dürften die meisten befähigt sein trotzdem einen erneuten Versuch zu starten, und wieder einen und noch einen.

Geht man jedoch komplett, mit wehenden Fahnen unter steht plötzlich für durchschnittliche Menschen ein enormes Hindernis, eine breitbandige Blockade im Weg, die es nahezu unmöglich zu durchbrechen scheint.


Gründe ich eine Firma und versage an allen Fronten - habe ich die Wahl zu entscheiden ob ich das Projekt verkackt habe, die Sterne ungünstig standen oder mich als grundsätzlich ungeeignet für unternehmerische Tätigkeiten zu betrachten. Hier trennt sich wohl die breite Spreu vom seltenen Weizen.

Die meisten dürften eine absolute Niederlage als persönliche Unfähigkeit deklarieren, sich in diesem Bereich ein "mangelhaft" attestieren. Doch anstatt nun die Motivation daraus zu ziehen, sich hier besonders nachhaltig zu entwickeln, werten sie sich für diesen Aspekt komplett als Ganzes ab.


Gründe für Versagen sind bspw. beim Poker


1. Du spielst einfach schlecht

2. Du hast kein Glück, bekommst nur miese Blätter

3. Du hast Pech, bekommst immer nen Flush wenn dein Villian nen Fullhouse hat


Der Punkt ist, 2 und 3 stehen absolut ausserhalb deines Einflussbereiches, deine einzige Möglichkeit dreht sich um 1. Verbesserst du dein Spiel exorbitant, wirst du, auch wenn 2 und 3 eintreten deine Verluste deutlich minimieren und wenn sich irgendwann endlich das Blatt wendet mit einer deutlich besseren Ausgangslage weiden gehen.


Das Bsp Poker ist interessant weil es einer der wenigen Bereiche ist, in dem flächendeckend eine umgekehrte Wahrnehmung stattfindet. Schlechte Spieler werten sich selbst eher selten ab oder hinterfragen ihre Fähigkeiten, sie schieben ihre Verluste auf das Pech. Der Faktor Glück ist in der Tat bei einer einzigen Poker-Hand nahezu ausschlaggebend und selbst an einem einzigen Abend ziemlich massgeblich. Spielst du aber Monate oder gar Jahre sollte sich das Glück (die Varianz) asymptopisch der Null genähert haben und ob deine Bilanz schwarz- oder rotzahlig ist einzig deinen Fähigkeiten, resp. Unvermögen geschuldet. Das begreifen schlechte Spieler (wenn überhaupt) erst sehr spät und deshalb sind sie auf lange Sicht sehr lukrative Gegner, selbst wenn sie dich an einem Abend mal komplett ausweiden. In der Tat sind diese "schlechten Abende" für dich der Garant auf langfristig gute Bilanz, denn schlechte Spieler brauchen diese Referenzen in regelmässigen Abständen um schön am Ball zu bleiben.

Worauf ich hinaus will ist die Frustrationstoleranz die schlechte Spieler haben. Ähnlich wie ein Kleinkind im Laufgitter das seine ersten Versuche mit der Garvatationskonstante vollführt, stehen sie auf und fallen und stehen auf und fallen und stehen abermals auf.... Obzwar sie es im Gegensatz zum Kleinkind nie lernen, können wir von beiden erheblich viel lernen: Das Kleinkind kämpft tapfer mit der Aufgabe, bis es es meistert. Der schlechte Spieler braucht nur einen seltenen Strohhalm um langfristig bei der Sache zu bleiben. Beiden gemeinsam ist, das sie keine Selbstzweifel kennen, sie kämpfen stets mit dem Objekt, nie mit sich selbst.


Im richtigen Leben sind "schlechte Spieler" eher die Ausnahme, denn der Faktor Glück ist entweder zu vernachlässigen oder ist nur äusserst latent und sauber camoufliert vorhanden. Obzwar es Ausnahmen gibt, die bei jedem Misserfolg prinzipiell die Aussenfaktoren als verantwortlich (tatsächlich!!!!) sehen und nicht nur halbherzig für sich oder die Umwelt nach Entschuldigungen suchen, dürfte es die Regel sein, das Scheitern auf persönliches Unvermögen zu reduzieren.

Soweit so gut, seine Fähigkeiten NEUTRAL zu hinterfragen ist selten verkehrt und sie zu optimieren schon mal garnicht, problematisch wird es lediglich, wenn ich mir eine Generalunfähigkeit für dieses Segment auflabel und daraus sogar noch eine pervertierte Genugtuung ziehe: Der schlechte Mathe-Schüler, der "weiß" das er in Mathe schlecht ist und wieder eine 5 einfährt, findet Bestätigung. Denn er wusste schliesslich schon vorher, das er es nicht kann. Die neue 5 verschafft ihm ein kleines Erfolgserlebnis, denn seine Annahme über seine Unfähigkeit wurde bewiesen, er hatte Recht, hurra! Der schlechte, aber dickhäutige PUA ist da nicht anders, mit dem "Wissen" das es sowieso nicht klappt vergeigt er am Abend seine 20 Sets und fühlt sich bestätigt: Wusste ich doch vorher, das es nicht klappt, sehr schön!


Was "Flinte ins Korn Versager" brauchen ist zunächst eine "schlechte Spieler Mentalität" - die Abkopplung des Misserfoges von der generellen, eigenen Unvermögensunterstellung. Darauf aufbauend, im nächsten Schritt, ist das Bestreben natürlich ein selbstreflektierender, an seinen Fähigkeiten arbeitender, guter Spieler zu werden, aber einstweilen liegt hier der Gral.

Der schlechte PUA von oben, ebenso wie der Typ der mal nen neuen Job anfängt, obwohl er schon im Vorfeld "weiß" das auch hier die Kollegen alles Idioten sind, oder der Läufer, der schon vor dem Start "weiß" das er auch diesmal die 100meter nicht unter 12 Sekunden schafft, der schlechte Redner, der schon 2 Tage vorher "weiß" das er auf dem Podium ins stocken gerät und trotzdem ohne Notwendigkeit versucht... sind übrigens keine "schlechten Spieler", sie bleiben "Flinte ins Korn Versager" auch wenn sie pseudo-aktiv an ihren Fähigkeiten "arbeiten". Sie vollführen nur einen Selbstbetrugs-Stunt, der sie vor der größeren Pein "es nicht wenigstens versucht zu haben" bewahrt. Sie durschahuen nicht die Maskerade und reden sich Pseudo-Handeln als echte Aktivität schön. Echte Aktivität verlangt aber eine innere Bereitschaft für das Unvorhersagbare und nicht nur Bestätigungssuche des eigenen Unvermögens unter dem Deckmantel des Pseudo-Proaktivismus.


Ein "schlechter Spieler" hat eine andere Grundeinstellung, denn im Gegensatz zu obigen "aktiven Versagern" glaubt er prinzipiell an sich und an das Gelingen seines Vorhabens. Egal ob berechtigt oder nicht, die Grundeinstellung ist das Einzige, das hier Relevanz hat.

Scheitert er, dann waren eben die Umstände ungünstig. Wichtig: er denkt nicht in Kategorien wie Schuld und Versagen, er glaubt an Glück und Pech. Vergeigt er 20 Sets, dann sind in seiner Wahrnehmung die Mädels alle grad frisch verliebt, kommt er erst nach 12,7 sekunden ins Ziel, dann stand der Wind ungünstig, stottert er beim öffentlichen Reden, dann war er leider unausgeschlafen.... Auch er delegiert die Verantwortung an Aussenfaktoren, aber es war eben einfach Pech und niemanden Schuld. Kein Grund es nicht erneut zu versuchen, denn beim nächsten mal reisen die Sterne mit mir!!!! Und egal wie schlecht er spielt, irgendwann wird er dich mit seinen unglaubwürdigen Bluffs zum folden zwingen oder mit seinem 9er-Pärchen deinen straiht/flush-Bluff entlarven. Und diese Referenzen bleiben ihm erinnerlich. Er besitzt eine selektives Gedächtnis, das ihn befähigt Inhalte nach angenehm/unangenehm zu filtern und entsprechend abzulegen oder zu löschen. Auch wenn er mit 300€ Verlust nach hause geht, erinnerlich bleibt ihm die eine Hand, wo er deinen Bluff entlarvte und 50€ gewann. Daraus und nur daraus exzerpiert seine Hochrechnungen für die nächsten Abende.

Es ist offensichtlich, dass "schlechter Spieler" nur eine Übergangslösung sein kann und der Glaube an seine "Taktik" langfristig keine gute Strategie darstellt. Früher oder später muss er ehrlich seine Fähigkeiten auf den Prüfstand bringen und nötigenfalls optimieren.

Es ist aber ebenso offensichtlich, dass ohne diesen Glauben zu oft zu früh aufgegeben wird: Wo würden wir heute "stehen", wenn wir im ersten Lebensjahr unsere Laufgitter-Stunts nach 3 Versuchen aufgegeben hätten, hinter dem Einprasseln von phonetischen Gewittern nicht irgendwann Sinn vermutet hätten, dessen Rätsel wir sukzessive aufdröseln können, gleichgültig wie oft wir Bedeutungen missverstanden oder Wörter falsch ausgesprochen haben? Selbstzweifel kamen erst mit der Erziehung, ein "das schaffst du nicht" oder "dafür bist du zu klein" haben wir je nach Frequenzhäufigkeit unterscheíedlich internalisiert.

Gab es ein Zuviel an aufdokrinierten Zweifeleinheiten hilft uU nur der Weg zurück zur reinen Naivität: Der unbedingte Glaube an sich und selbst den abstrusesten Fähigkeiten, das "Wissen" von allen umgebenden Menschen geliebt zu werden, dass ist der primäre Schritt um an Misserfolgen zu wachsen.


Wie gelangen wir da wieder hin? Schauen Sie auch nächste Woche vorbei wenn es wieder heisst: Wie Misserfolge meine dicken Freunde werden.

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schöner Beitrag.

Im Pokern spielt man nie die Karten selbst , sondern immer die Person die einem gegenüber steht.(Anhand ihrer Aktion:Reaktion:Gestik;Verhalten;Mimik; Entschlüsselung der Fasade). Halt wie im echten Leben.

80% Können 20% Glück

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Psychologen haben die letzten Jahrzehnte übrigens schon sehr ausführlich darüber nachgedacht: https://de.wikipedia.org/wiki/Attributionstheorien

Deine Schlussfolgerung teile ich nicht, es kommt eben darauf an ob ich denke das ich mich gut verbessern kann und noch ob ich konkrete Defizite identifizieren kann.

Es wäre wünschenswert wenn du Teilabschnitten Übschriften gibst oder gernerell den relativ langen Text noch über Absätze hinaus strukturierst.

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