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Zum Thema Selbstverständnis der deutschen Pickup-Szene.

Ursprünglicher Zweck des Textes war die Stellungnahme gegenüber einer Studentenzeitung.

Über Meinungen und Anmerkungen zum Inhalt, kritisch wie lobend, würde ich mich sehr freuen.

 

 

Selbstbewusste Männer

Die Belebung einer Idee durch Pickup

 

 

Vor einiger Zeit beschrieb die französische Journalistin Prune Antoine den deutschen Mann als schüchtern, verängstigt, sehr zurückhaltend oder gar kastriert. Verwundert stellte sie fest, dass sich in Deutschland die Rollenverteilung offenbar aufgelöst und die meisten Männer die Rolle des Verführers komplett abgelegt hatten.

Gleichzeitig wünschen sich bis heute die meisten Frauen jedoch einen Mann, welcher nicht nur den ersten, sondern auch den zweiten und dritten Schritt im Prozess des Kennenlernens übernimmt. Die allerwenigsten Frauen gehen in der Uni, am Arbeitsplatz, beim Sport oder auch nur auf der Straße auf einen Mann der ihnen gefällt zu und sprechen ihn mit dem Ziel einer romantischen Verabredung an. Woher kommt also der Wandel in unserem Sozialverhalten, wo er doch offensichtliche keinen Zweck erfüllt?

Ein Ansatz zur Beantwortung dieser Frage liegt in der Beobachtung des öffentlichen Diskurses zum Thema Geschlechterverhältnis. Der in diesem Bereich liegende Komplex der romantischen und sexuellen Beziehungen wird heute von feministischen Motiven dominiert. Nicht wenige Jungen wachsen so im Laufe ihrer Pubertät mit der Idee auf, dass das romantische Spiel, beginnend mit dem Ansprechen einer Frau, über Berührungen, bis hin zum Kuss, eine Frau nur als Belästigung auffassen kann. Bevor keine ausdrückliche und ausführliche Genehmigung erfolgte, soll und darf ein Junge nicht handeln. Wenngleich in der konkreten Situation von der Frau noch immer gefragt, sorgt diese Erziehung für eine innere Ablehnung und somit Nichtausfüllung des entsprechenden Rollenverhaltens.

 

 

Eben jene Lücke, jenes Versagen, ein neues Kennenlernmodell zu schaffen, sucht der weitaus größte Teil der deutschen Pickup-Szene zu schließen. Hierbei ist er bei weitem nicht allein. Viele verschiedene Single-Ratgeber, Seminarangebote und Flirtportale bieten vollmundig Rat und Hilfe bei der Suche nach einem Partner. Auch in der Pickup-Szene finden sich solche Offerten. Welche davon man in Anspruch nimmt und zu welchem Preis, ist die Entscheidung eines jeden Einzelnen.

 

 

Sucht man im Internet nach Pickup-Artist, finden sich unter den ersten zehn Treffern sechs Artikel, welche das Phänomen bestenfalls als eine Geisel der Menschheit brandmarken. Anhand des Negativbeispiels der nahezu immer gleichen Person, wird der Leser schnell mit einem klar umrissenen Bild konfrontiert.

Wollüstige, einzig von deren Libido gesteuerte Männer, welche nichts als den fortwährenden Beischlaf mit möglichst vielen Frauen anstreben. Folgt man den Behauptungen, tun sie dies, während sie einer alles verschlingenden, triebhaft-animalischen Programmierung folgen. Hierfür wenden sie besondere Techniken an, dunkel Künste, mit deren Hilfe sie die Auserkorenen verführen.

Den Frauen wird in den entsprechenden Artikeln, und nur dort, jedwede Fähigkeit zu eigenständig kritischem Denken und einer eigenständigen Entscheidungsfindung abgesprochen. Als alleinig vernunftbegabte Wesen sehen sich die Autoren daher dazu verpflichtet, die ahnungslose und in einer nahezu natürlichen Opferrolle feststeckende weibliche Bevölkerung, vor diesen gefährlichen Männern zu warnen.

 

 

Dass eben jene Männer, bevor sie die entsprechende Dame ansprechen oder mit ihr ausgehen, vermutlich ebenso nervös und unsicher wie viele Frauen sind, wird dabei üblicherweise geflissentlich ignoriert. Geht man also davon aus, dass Männer nicht nur triebgesteuerte Barbaren sind, stellt sich folgende Frage:

Was ist die deutsche Pickup-Szene?

Die Szene ist zunächst außerordentlich heterogen. Aus so ziemlich allen sozialen Schichten treiben sich in den regionalen Gruppen und den Internetforen zumeist Männer aller Couleur herum. Ob sie  bereits sehr erfahren oder eben erst in die Thematik des Bezauberns von Frauen eingestiegen sind, spielt keine Rolle.

 

 

Zentral ist immer die Solidarität.

Entgegen der weit verbreiteten Idee, Männer müssten in den meisten Fällen um Frauen konkurrieren, steht hier der Gedanke der gegenseitigen Unterstützung im Mittelpunkt. In den Internetforen konzentrieren sich die meisten Beiträge auf Ratschläge oder die Schilderung von erfolgreichen Verführungen. Diese sollen als Vorbild für Andere dienen und exemplarisch demonstrieren, welches Verhalten größere Chancen besitzt, bei Frauen als attraktiv empfunden zu werden.

In den regionalen Gruppen wiederum sind reale Treffen und der schnelle Austausch von Tipps von zentraler Bedeutung. Man verabredet sich um gemeinsam wegzugehen, Spaß zu haben und mit etwas Glück eine interessante Frau zu finden, welche einen ebenso interessant findet.

 

 

Während viele einfach nur eine Freundin oder einen Freund suchen, streben andere nach Affären. Einige wiederum konzentrieren sich auch auf die Verführung möglichst vieler verschiedener Frauen.

Dass dies jedoch bei weitem kein rein männliches Phänomen ist, zeigen nicht zuletzt neuere Studien, welche unter anderem von Daniel Bergner in dessen Buch Die versteckte Lust der Frauen zusammengefasst wurde. So ist die weibliche Lust häufig ausgeprägter als die männliche. Dass immer wieder versucht wird, sie durch moralische Regeln einzuhegen ist ein Phänomen verschiedenster Kulturen und Epochen. Die bei Frauen statistisch schneller eintretende Langeweile mit demselben Sexualpartner deutet aber sogar auf eine wahrscheinlichere Tendenz von Frauen zu serieller Monogamie oder Polygamie hin.

 

 

Was also macht den selbstbewussten Mann aus?

Herkunft, Motivation und Ziele unterscheiden sich zwischen den Mitgliedern der Szene in solchem Maß, dass sich kein klares Modell erstellen, keine Schublade finden lässt, in welche man den durchschnittlichen Anwender einordnen könnte.

Eines der zentralen Ziele des Pickup, selbstbewusste Männer und auch Frauen zu schaffen, welche den Mut aufbringen die Initiative zu ergreifen, kann jedoch als Gemeinsamkeit genannt werden. So sollen Beziehungen geschaffen werden, in welchen sowohl Frauen als auch andere Männer als gleichberechtigte und ebenbürtige Partner behandelt werden.

 

 

 

(Sollte dieser Beitrag im falschen Themenbereich angelegt sein, bitte verschieben.)

 

bearbeitet von Delecto
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Finds ganz ok da du den aus meiner sicht wichtigsten Punk thematisierts, das viele Menschen

eine vorgefasste Meinung über PU haben die mit der realität oft nur wenig zu tun hat.

Als Anregung, ich würde diesen Punkt weil er mir so wichtig erscheint noch vermehrt

darstellen. Also z.b. auch noch konkreter werden wo grosse diskrepanzen auftreten

wie PU in der Realität ist und wie es von aussen wahrgenommen wird.
 

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