Tsukune

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Alle erstellten Inhalte von Tsukune

  1. Tsukune

    Panikattacken

    Hey Zorro_, klar ist eine gelungene Psychotherapie der nachhaltigste Weg aus einer Angst. Wenn supportiv und über begrenzte Zeit dazu Medikamente sinnvoll sind oder dem Klienten beispielsweise als Backup (das ja in der Regel nicht eingenommen wird sondern eher als psychologische Stütze dient) Sicherheit geben, ist ja auch nichts dagegen einzuwenden. Daher bin ich weder dogmatisch pro Psycho- noch pro Pharmakotherapie, sondern Pro-Klient eingestellt. Was ihm auf seinem individuellen Gesundungsweg hilft, ist das richtige. Ich selbst bin Psychologischer Berater (wenn alles nach Plan läuft auch bald inklusive Heilerlaubnis nach HPG) und dadurch sowieso nicht in der Lage, medikamentös zu intervenieren, aber ich weiß, dass sie mitunter sinnvoll bis nötig sein können. Aber das muss am Ende eh der behandelnde Arzt entscheiden. Edit: Mitunter können Medikamente das Brückenbauen im Rahmen einer Psychotherapie auch gezielt unterstützen, ohne dass ein Patient von ihnen langfristig abhängig bleibt: So gibt es Therapieformen, in denen Traumapatienten während einer Sitzung gezielt mit angstlösenden Medikamenten und Betablockern behandelt und dann ins Trauma geführt werden. Da sie aufgrund der Medikation weder eine vegetative Reaktion erfahren noch Angst empfinden können, lernen sie, die emotionale von der sensorischen Komponente des Traumas zu entkoppeln und können es so besser bewältigen und die Erfahrung integrieren. Auch gibt es Ansätze, mit Betablockern und Benzodiazepinen wie Midazolam akute Angstzustände (beispielsweise nach Vergewaltigung oder schweren Unfällen) daran zu hindern, sich ins Gehirn einzugraben, also damit gegen eine Konditionierung/Ankerung zu arbeiten. Psychopharmakologie ist eine sehr spannende Sache, ich glaube dass die nächsten Jahre noch einige interessante Konzepte aus der Verbindung von stoff- und gesprächsbasierten Behandlungen entwickeln werden. Herzliche Grüße, Tsukune
  2. Hey derjango, ich arbeite an Projektionen gern im Sinne einer Schattenarbeit, die darauf ausgelegt ist, den der Projektion zugrunde liegenden Konflikt sichtbar zu machen und auf Versöhnung und Reintegration hinarbeitet. Ein schönes Beispiel für eine solche Arbeit ist der Schattenprozess aus der integralen Psychologie, den du für dich selbst durchführen kannst: http://unitycosmos.com/2011/06/ken-wilbers-3-2-1-shadow-process-in-action/ Herzliche Grüße, Tsukune
  3. Tsukune

    Panikattacken

    Hey Zorro_, gerade die tiefenpsychologischen Therapien gehen den von dir beschriebenen Weg und suchen die Gründe für Störungen u.a. in kindlichem Mangelerleben und daraus entstehenden Neurosen. Andere Denkschulen haben wieder ihre Modelle. Bei sehr vielen Störungen wird inzwischen von einem multifaktoriellen Geschehen ausgegangen; beim Thema Angststörung geht man von einem Vulnerabilitäts-Stressmodell aus, bei dem prädisponierende (z.B. Genetik, Persönlichkeitsstruktur, Erziehung), auslösende (z.B. psychosoziale Belastungen oder Konditionierungseffekte) und aufrechterhaltende Faktoren (z.B. operante Verstärker wie Vermeidung) eine Rolle spielen. Im Prinzip lassen sich hier sowohl psychodynamische, kognitive, verhaltensbasierte und pharmakologische Therapieansätze rechtfertigen und sind in der Praxis auch üblich. Bei Panikstörungen besonders kognitive Techniken (also durch Neubewertung zu anderem Verhalten zu kommen), der akute Einsatz von schnellwirkenden Benzodiazepinen sowie auf längere Sicht eine mögliche Behandlung mit Antidepressiva vom SS(N)RI-Typ. Aber wie gesagt, das sind nur die groben Ansätze, die immer auch auf den Patienten und die Begleitumstände abgestimmt sein sollten. Herzliche Grüße, Tsukune
  4. Hey derjango, am pragmatischsten wäre es, nach einem strategischen Rumpler deinerseits die Sach- von der Emotionsebene zu trennen und sich auf einen Wäscheplan zu einigen, der die Trockenzeit des anderen berücksichtigt. Ansonsten halt ein wenig auf den Busch trommeln, Hochstatus kommunizieren. Das wirkt natürlich umso besser, wenn du eine entsprechende physische Präsenz besitzt. Herzliche Grüße, Tsukune
  5. Tsukune

    Panikattacken

    Hey Zorro_, deine Aussage ließe sich analog genauso auf die Psychotherapie anwenden, denn auch sie ist - wie die Pharmakotherapie - letztendlich darauf ausgelegt Störungen zu behandeln. Rein formal macht es also keinen Unterschied, wenn du das Behandlungsverfahren "Psychotherapie" vorschlägst und ein anderer hier "Pharmakotherapie". Beide Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile, beide können je nach Kontext indiziert oder schädlich sein. Und da ich annehme, dass auch du kein Facharzt für Psychiatrie bist, steht deine Meinung auf ähnlich stabilen oder wackligen Beinen wie die von uns anderen hier. Und auch wenn wir hier alle Mediziner wären: pauschal eine wie auch immer geartete Intervention zu empfehlen, ohne die individuellen Hintergründe zu kennen ist ohnehin Quatsch. Es hat schon seinen Sinn, warum es sowas wie Sprechstunden und Anamnesegespräche gibt. Herzliche Grüße, Tsukune
  6. Tsukune

    Panikattacken

    Hey, meiner Meinung nach ist gegen Benzodiazepine als Backup nichts einzuwenden - die Gewissheit, im Notfall etwas griffbereit zu haben, das zuverlässig und schnell anxiolytisch und beruhigend wirkt, ist eine gute psychologische Stütze. Aber es ist halt keine Heilung im eigentlichen Sinne, sondern nur eine Behandlung von Symptomen. Das was der Angst zugrunde liegt und sie stabilisiert, die kognitiven Fehlattributionen, die Konditionierungen und die negativen Glaubenssätze werden davon nicht berührt. Zudem besteht die Gefahr, bei gewohntem Konsum nicht nur die pathologischen Ängste, sondern schließlich auch profane Alltagsängste zu beseitigen zu wollen und somit eine Abwärtsspirale einzuleiten, bei der letztendlich auch das normale Leben ohne Medikamente nicht mehr gemeistert werden kann. Hier spielen dann auch ebenjene Verstärkereffekte, die bereits bei der Entstehung der Angst selbst aktiv waren, eine große Rolle. Auch haben Dauerkonsumenten oft unter mittel- und langfristigen Nebenwirkungen wie Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen zu leiden und es gibt nach derzeitiger Studienlage einen Zusammenhang zwischen Dauerkonsum und Demenz. Ich habe ein Praktikum in einer psychiatrischen Klinik gemacht. Da ist Tavor ein sehr großes Thema, einerseits als eine hervorragende Akutmedikation, andererseits aber verknüpft mit kaum in den Griff zu bekommender Abhängigkeit, fiesen Entzugssyndromen und anderen Nettigkeiten. Klar, das betrifft oft eine Klientel mit anderen Prädispositionen und Konsummustern, aber ich behaupte einmal, wer das mal gesehen hat, der lässt die Finger von einem dauerhaften Benzokonsum. Herzliche Grüße, Tsukune
  7. Hey Sparrenburger, eine sehr effektive Methode zur externen Motivationsschaffung kommt (wie auch deine bisherige Methode des Geldweggebens) aus dem Werkzeugkasten der operanten Konditionierung und nennt sich intermittierende Verstärkung. Sie ist günstiger und zugleich wesentlich effektiver als unmittelbare Belohnung oder Bestrafung. Ich kenne dazu auch eine nette kleine Technik, die ich während der letzten Jahre aufgeschnappt habe und für deine Zwecke hervorragend geeignet ist. 1) Mach dir eine Liste von kleinen und großen Belohnungen, auf die du wirklich Lust hast. Ein Beispiel für eine kleine Belohnung kann ein leckeres Essen oder ein Kinobesuch sein, für eine große beispielsweise eine Reise oder ein neues Handy (innerhalb deiner finanziellen Möglichkeiten aber dennoch was besonderes, was du dir sonst nicht mal eben kaufen würdest). Beispiel kleine Belohnungen Tafel Schokolade, neue DVD, Kinobesuch, Sauna, Besuch im Kletterpark... Beispiel große Belohnungen Neues Handy, Seminarbesuch, Urlaubsreise, neuer stylischer Anzug, neue Grafikkarte... 2) Besorge dir zwei Würfel in verschiedenen Farben, zB einen schwarzen für die kleinen, einen roten für die großen Belohnungen. Und jeden Morgen überlege dir eine Kombination, die, wenn du sie rollst, dir Zugang zur Belohnung gibt (z.B. Eins Schwarz + Fünf Rot) 3) Setze dir ein Ziel, z.B. einen NC durch Direct Approaches pro Tag. Wenn du es erreicht bzw. dich im Vergleich zum Vortag gesteigert hast, z.B. mehr Nummern bekommen hast oder souveräner aufgetreten bist etc. und derweil deine alltäglichen wichtigen Dinge nicht vernachlässigt hast, darfst du abends rollen. 4) Rollst du nun mit Schwarz die entsprechende Zahl (bspw. Eins), dann gönne dir eine zufällig (!) ausgewählte Belohnung aus der "kleinen" Liste. Außerdem qualifiziert dich ein solch gelungener Wurf für einen anschließenden Wurf mit Rot. Falls die kleine Belohnung nicht erreicht wurde, wird auch nicht um die große gewürfelt. 5) Wenn du nach Schwarz nun auch mit Rot die am Morgen dafür festgelegte Augenzahl (bspw. Fünf) wirfst, dann gönne dir eine zufällige(!) Belohnung aus der "großen" Liste. Ohne Wenn und Aber. Und wenn du sie kaufst, denke daran, dass dein kontinuierlicher Einsatz und deine eigene Leistung dir das ermöglicht hat. Und ganz wichtig: Du kaufst dir weder die großen noch die kleinen Belohnungen, solange du sie nicht durch einen Wurf erworben hast! Sie stehen dir erst zu, wenn du sie auch gewinnst. Die Methode der intermittierenden Verstärkung ist äußerst kraftvoll und einmal etabliert sehr stabil. Sie ist einer der Gründe, warum beispielsweise Spielautomaten süchtig machen. Nutze sie weise. Sie lässt sich übrigens auch für andere Dinge wie sportliche Leistungssteigerung verwenden. Herzliche Grüße, Tsukune
  8. Hey draco85, du verwechselst das Symptom mit der Ursache. Die Frage, ob sie gern lange unter Menschen sind, würden sowohl gesunde (hypersensible und introvertierte) als auch psychisch kranke (Phobien und andere Angsterkrankungen, selbstunsichere Persönlichkeitsstörung, Schizophrenie, Depression etc) Menschen wohl durchaus, je nach individuellem Zustand oder Symptomkonstellation eher mit Nein beantworten. Testpsychologische Verfahren, auch jene zur Persönlichkeit, stützen sich nie auf eine Aussage allein, sondern immer auf das Zusammenspiel von mehreren. Auch muss eine entsprechende Differentialdiagnose erhoben werden, denn mitunter kommt es zu Überlagerungen. Hier ist es am Therapeuten, entsprechend Exploration zu betreiben. Gerade Introversion, Schüchternheit/Sozialphobie und Hypersensibilität werden immer wieder gern in einen Topf geworfen, sind aber trotz eines ähnlichen "Phänotyps" völlig unterschiedliche Baustellen. Hier ein kurzer Überblick: Schlagwort Charakteristikum Was passiert? Äußerung? mögliche Reaktion Hypersensibilität starke Reaktion auf Sinnesreize Reizüberflutung Erschöpfung Rückzug Introversion Energieverlust durch soz. Interaktion Akku leer Erschöpfung Rückzug Sozialphobie Angst vor negativer Beurteilung Kopfkino psych+veg. Symptome Rückzug Diese drei Personengruppen werden sich, je nach Ausprägung, eher aus sozialen Interaktionen zurückziehen als andere Menschen oder sie mitunter gar vermeiden, handeln aber aus völlig unterschiedlicher Motivation heraus. Herzliche Grüße, Tsukune
  9. Hey, im Endeffekt brauchst du einfach einen geschützten Rahmen, in dem es gefahrlos verbal hoch hergehen darf. Mein Tipp: Suche dir eine gute Improtheatergruppe und bleib dran. Meiner Einschätzung nach gibt es kaum was besseres, möchtest du kommunikativ flexibler werden, sprachliche Nehmer- und Geberqualitäten kultivieren oder einfach nur unter Stress gelassener reagieren. Außerdem macht es wahnsinnig Spaß Die Beschäftigung mit Battle Rap wäre auch eine Möglichkeit, aber da kenn ich mich im Gegensatz zu ersterem zu wenig aus. Herzliche Grüße, Tsukune
  10. Hey, vielleicht ist der erste Schritt in eine Lösung der, zu verstehen, dass du mit dem Kampf gegen deine Oneitis rein gar nichts erreichst. Denn letztendlich ist es ein Kampf gegen dich selbst. Ich nenne dir einmal ein Beispiel, das es vielleicht klarer macht: In der Psychodynamik wird davon ausgegangen, dass beispielsweise Depressionen durch die falsche Bewältigung von Verlusterlebnissen entstehen. Nehmen wir an, ein Kind erhält von seiner Mutter keine Liebe. Um das zu verkraften, verleibt sich das Kind psychisch die Mutter ein und kompensiert somit den Mangel. Auf der anderen Seite führt diese Introjektion aber dazu, dass all die Enttäuschung und Wut, die eigentlich gegen die gleichzeitig gehasste und doch geliebte Mutter (also nach außen) gerichtet wäre, nun gegen sich selbst gerichtet wird. Also nicht die Ablehnung macht krank, sondern der Umgang damit. Mir kommt es vor, als ob dieselben Mechanismen auch bei der Oneitis am Werk sind und jegliche Wut oder Enttäuschung, die der Betroffene der gehasst-geliebten Frau entgegensetzt, am Ende niemanden anderen treffen als ihn selbst. Eben weil er nicht die Oneitis an sich auföst, sondern seinen Kampf im Inneren führt, gegen seinen eigenen Schatten. Es ist also nicht Bekämpfen bzw. Vernichten angesagt, sondern Aussprache und letztendlich Vergebung. Eine sehr intensive, aber auch extrem heilsame Methode, die ich vor Jahren kennengelernt und auch selbst schon mehrere Male durchlaufen habe, ist eine Variante der NLP-Technik "Drei Positionen", die von den Integralen Psychotherapeuten 3-2-1 Schattenprozess genannt wird und (psychische Stabilität vorausgesetzt!) auch ohne einen Therapeuten alleine durchführbar ist. Und zwar geht die so: Zuerst beschreibst du deine Oneitis bzw. was dich an ihr stört in der 3. Person Singular (Beispiel: "Sie ist X, Y und Z"). Sei dabei ungehemmt und bring auf den Punkt, was dich an ihr nervt. Nimm dir dafür ein Blatt Papier und eine Viertelstunde. Dann konstruierst du einen fiktiven Dialog zwischen dir und ihr, der die Situation thematisiert, in der 2. Person Singular (Beispiel: "Du bist X, Y und Z"). Das kannst du auch wieder schreiben, oder du benutzt einen leeren Stuhl, der sie symbolisiert. Stell dir vor, sie ist wirklich da und lass sie, wenn sie am Zug ist zu reden (auch wenn es womöglich schmerzt) die Sache ehrlich aus ihrer Perspektive, ebenfalls in Du-Form schildern. Oft wirst du da schon erstaunliche Erfahrungen machen. Zu guter Letzt nimm ganz ihre Position ein und sprich aus der 1.Person Singular (Beispiel: "Ich bin X, Y und Z") als deine Oneitis. Dann steige bewusst aus (Stuhlwechsel) und erkenne, auch wenn sich das erstmal extrem dumm anfühlt, das jene Eigenschaften, die du in ihr kritisiert hast, genau diejenigen sind, die du bei dir selbst verleugnest (das ist, was Jesus Christus im NT meinte als er sagte, dass man den Splitter im Auge des anderen viel leichter erkennen würde als den Balken im eigenen). Das bewirkt zwei Dinge: Einmal kannst du deinen "Schatten", also deine eigenen, unangenehmen Charakterzüge, die du verdrängt hast, wieder reintegrieren, indem du sie nicht länger von dir stößt, sondern annimmst, und du kannst auf der Basis, dass auch du durch deine Projektionen ebenso dein Schärflein zum Geschehen beigetragen hast wie sie das ihre, deiner Oneitis auch leichter vergeben und somit Frieden schließen. Ich für meinen Teil beende diesen Prozess in der Regel damit, dass ich in meiner Vorstellung der Person die Hand gebe (oder wenn angemessen umarme) und wir uns gegenseitig Vergebung aussprechen und voneinander in Frieden verabschieden. Dabei reintegriere ich dann auch meinen Schatten und "hole ihn quasi heim". Ich wünsche viel Spaß beim Ausprobieren. Klar, das ist keine Kuschelintervention und tut unter Umständen für einen Moment weh, wie es bei Selbsterkenntnis halt so ist. Aber manchmal muss es das kurz, damit Heilung beginnen kann. Herzliche Grüße, Tsukune
  11. Hey cClazZz, die Vorteile, die Extraversion mit sich bringt (Enthusiasmus, Aktivität, soziales Geschick) und das was durch sie erreicht werden kann, ist ja durchaus auch erstrebenswert. Ich als NLPler bin der Ansicht, dass es für jedes Verhalten einen Kontext gibt, in dem es sinnvoll ist und es somit für jeden Persönlichkeitstypus von Wert sein kann, sich auch die Eigenschaften des Gegenpols zunutze zu machen. Ist eine Sache der Flexibilität. Manchmal kann es selbst, betrachten wir mal einen anderen Aspekt der Big Five (die Verträglichkeit), für den Friedfertigsten durchaus sinnvoll sein, misstrauisch bis aggressiv zu werden. Er muss es nicht unbedingt zum Teil seiner Persönlichkeit machen, sich aber womöglich die Handlungsoption offen lassen. Und so ist es mit Extraversion/ Intraversion genauso. Da braucht es nicht unbedingt den schwer zu ändernden Trait, sondern mitunter genügt der leichter erlernbare Skill. Zumal ich ungern eine Hälfte des Kuchens für die andere eintauschen würde, die ja ebenso nicht das Ganze darstellt. Anders sieht es selbstverständlich aus, wenn ich nur ein Achtel habe Ich für meinen Teil habe festgestellt, dass es mitunter schon sehr bereichernd ist, einen Partner auf der anderen Seite des Spektrums zu haben, da man einfach viel voneinander lernen und - Wertschätzung für die Bedürfnisse des Gegenübers vorausgesetzt- sich auch in die jeweiligen Welten entführen lassen kann und umgekehrt. Schon allein sich dannn darauf einlassen zu können, ändert schon ganz viel. Herzliche Grüße, Tsukune
  12. Hey, mal von der Metaebene aus betrachtet finde ich es immer wieder wichtig, darauf zurückzukommen, welche Motivation dem Veränderungswunsch zugrunde liegt. Und da frage ich mich halt oft, ob das nicht Dinge sind, die bei rationaler Betrachtung auf einer niedrigeren Ebene als der Persönlichkeit bzw. der Identität geändert werden könnten. Mir kommt beim Gedanken an die Veränderung von Persönlichkeitsmerkmalen oft das Bild eines magersüchtigen Mädchens in den Sinn. Diese Frauen waren in der Regel weder dumm noch hässlich, sie haben sich nur ein verzerrtes Bild der Realität angeeignet und soweit kultiviert, dass sie sich, ganz gleich wie schlank (oder später morbide untergewichtig) sie bereits sind, im Spiegel als unerträglich fett wahrnehmen. In der Psychiatrie nennt man das eine Körperschemastörung. Oft aber liegen die Probleme ganz woanders und die unbewusste,hoch generalisierte Affirmation "Wenn ich erst einmal schlank bin, dann wird alles gut" gepaart mit selektivem Denken und einem eisernen Willen zur Veränderung führt beileibe nicht zur Erfüllung ihrer Wünsche, sondern im Extremfall ins frühe Grab. Und oftmals wären diese Probleme, der Wunsch nach Liebe, nach Verstandensein, nach Anerkennung, rechtzeitig erkannt so leicht zu beheben gewesen. Ich glaube, dass viele Persönlichkeitsentwickler den Begriff falsch verstanden haben. Es geht nicht darum, zu werden, was man nicht ist. Es geht vielmehr darum, das Geflecht an falschen Überzeugungen, Blockaden und Hemmungen zu entwirren (Ent-wicklung der Persönlichkeit) und sein optimales Selbst zu kultivieren. Die Magersüchtige verbindet lerntheoretisch ihren Selbstwert mit Schlankheit (Ich muss um jeden Preis schlank sein um erfolgreich zu sein) und forciert eine unnatürliche Veränderung, weil sie ihren Körper als imperfekt sieht. Mancher hier verbindet seinen Selbstwert mit seiner Lebensart (ich muss um jeden Preis extravertiert sein um erfolgreich zu sein), empfindet sein tiefstes Selbst als imperfekt und forciert deswegen Veränderung. Man könnte in Analogie durchaus behaupten dass da mitunter eine "Seelenschemastörung" vorliegt. Ich glaube ja, ein klassischer Introvertierter beklagt sich nicht über seine mangelnde Extravertiertheit. Das ist so, als würde sich ein Asiate darüber beklagen, nicht Schwarz zu sein. Das eine ist nicht schlechter oder besser als das andere. Das tun eher a) die krassen Extremfälle und b) die extravertierten Gehemmten (also extravertierte Schüchterne). Kommen aber psychologische Prädisposition (Sexual- und Selbstwertkonflikte, unerfüllte Bedürfnisse), soziokulturelle Einflüsse (soziale Erwartungen und Rollenbilder) und genannter eiserner Wille zusammen, kann der daraus resultierende Wunsch nach Veränderung durchaus auch pathologisch werden, vor allem, wenn das in Eigenregie passiert. Wesensänderung ist schlicht unnötig. Jeder Mensch kann mit dem was er hat erfolgreich im Leben sein und sich gegebenenfalls Strategien und Skills aneignen, um Defizite auszugleichen und, sofern das sein Wunsch ist, auf der Bühne des Lebens zu glänzen. Herzliche Grüße, Tsukune
  13. Hey, cClazZz, wenn jemand darunter leidet, da bin ich ganz bei dir, sollte auch geholfen werden. Du weißt ja, dass ich im Bereich Coaching ziemlich aktiv bin und da habe ich öfters auch mal Klienten, die genau mit einem solchen Wunsch zu mir kommen. Nun stehen wir im Prinzip vor zwei Möglichkeiten: Wir können zum einen versuchen, an der Persönlichkeit selbst zu arbeiten. Ich für meinen Teil glaube zwar nicht, dass man einen Menschen grundlegend umkrempeln kann (bei den Big Five wird nach heutigem Wissensstand ja von einer starken genetischen Determinante ausgegangen), doch ist es meiner Erfahrung nach durchaus möglich, beispielsweise auf der Persönlichkeit liegende, Introversions-verstärkende Überzeugungen zu verändern (z.B. durch schematherapeutische Ansätze) und somit den Klienten auf dem Kontinuum ein paar Zentimeter weiter Richtung Extraversion zu schieben. Zum anderen könnte ich den Klienten einladen, einmal hinter den Wunsch, extravertierter sein zu wollen zu blicken und rauszufinden, was genau da eigentlich Sache ist. Der eine möchte beispielsweise einfach länger die Gesellschaft anderer genießen, der andere möchte vielleicht so leichter eine tolle Frau kennenlernen und ein weiterer hat es satt, von seinen Kumpels als Spaßbremse bezeichnet zu werden, weil er früh von gemeinsamen Partys heimgeht. Dem ersten würde ich Methoden beibringen, wie er seine Energie regulieren und auftanken (z.B. über Meditation, Qi Gong oder andere Energiearbeit), also seine durch die Introversion auftretenden situativen Defizite kompensieren kann. Den zweiten würde ich entdecken lassen, dass Intraversion und Freundin finden kein Gegensatz, sondern eher eine Frage der Ressourcen und der Einstellung zu sich selbst ist und eventuell an seinen entsprechenden Glaubenssätzen arbeiten. Beim Dritten würde die Intervention wohl in Richtung Selbstwert bzw. -behauptung gehen. Ich bin mir sicher, das der zweite, individuelle Ansatz, bei dem der Klient lernt, mit dem zu arbeiten, was schon da ist, der ökologischere und effizientere ist. Und ja, mit Willenskraft lässt sich einiges verändern, was angeboren war, wie durch Training die dominante Hand zu wechseln. Aber mitunter bekommen diese Leute dann andere Probleme, z.B. Sprachstörungen. Und ich denke durchaus, dass mit unkonventiellen Ansätzen auch auf die Persönlichkeit direkt eingewirkt werden kann, sei es durch Psycholyse oder in naher Zukunft durch Neurochirurgie. Aber auch das wird seinen Preis haben. Ich vergleiche das immer gerne mit der Körpergröße: Bist du 1,70 und möchtest Basketballer werden, kannst du natürlich Wachstumshormone nehmen, chirurgisch die Knochen strecken usw., du wirst aber nie an den Riesen mit 2,20m rankommen, der mit dir konkurriert. Wohingegen du einfach umdisponieren kannst: als Fußballer kannst du auch mit 1,70 Weltklasse werden. Manchmal gilt es einfach, aus Gegebenheiten das beste zu machen Mein Ziel ist es, mit möglichst wenig Zeit- und Kraftaufwand möglichst viel zu erreichen. Und situative Veränderung bzw. Kompensationsstrategien lassen sich bisher wesentlich leichter bewerkstelligen als eine echte Wesensänderung, und führen zu spürbaren Ergebnissen. Herzliche Grüße, Tsukune
  14. Hey cClazZz, ich finde es gefährlich, Persönlichkeitsmerkmale in die Nähe psychischer Erkrankungen zu stellen und somit als behandlungswürdig zu definieren. Jene sind keineswegs polar, sondern bewegen sich auf einem fließenden Kontinuum. Und ja, die jeweiligen Extreme am Rand der Normalverteilung können mit entsprechenden Einschränkungen oder Leidensdruck einhergehen, wobei man da von Persönlichkeitsstörungen spricht. Doch ist per se weder Introversion mit dem lethargischen Stubenhocker gleichzusetzen, noch Extraversion mit dem aufmerksamkeitsheischenden Histrioniker. Dass jene Phänomene mitunter behandlungswürdig sind, steht außer Frage, doch ist der durchschnittliche Introvertierte eben nicht ein sozial insuffizienter psychisch Kranker, sondern lebt sein Leben, wenn er sich mit seinen Bedürfnissen arrangiert hat und nicht länger glaubt, eine Rolle spielen zu müssen, subjektiv genauso reich wie ein Extravertierter, aber einfach auf eine andere Art. Ich frage mich, was sind die Motive jener Menschen, die festlegen möchten, welche Persönlichkeitsprägung und welcher daraus resultierende Lebensstil gesund und welcher krankhaft ist? Glück ist eine individuelle Angelegenheit, und jemand der denkt, andere aufgrund seiner Landkarte zu ihrem vermeintlichen Glück zwingen zu müssen, erreicht in der Regel genau das Gegenteil. Wie Shao es schon schrieb, auch introvertierte Menschen können nach außen glänzen, solange sie auf ihre Energie achten bzw. die Kapazität ihres inneren Akkus beispielsweise durch Meditation vergrößern. Ich selbst bin ziemlich introvertiert, liebe meine "me-time" und habe dennoch keine Probleme, mir mein Leben schön und interessant zu machen. Ich habe halt lange gebraucht, bis ich meine entsprechenden Bedürfnisse erkannt und verstanden habe, nicht zuletzt aus dem Grund, weil die Gesellschaft ein anderes Ideal vorgibt. Nun gehe ich beispielsweise halt nicht in den Club, um Frauen kennenzulernen bzw. zu daten, sondern in die Meditationsgruppe bzw. das gemütliche Cafe. Und ich kann mich nicht beklagen. Ebensowenig meine in der Regel eher extravertierten Partnerinnen, denen ich Ruhepol und Mysterium zugleich bin. Warum also sollte man Introversion ändern wollen, sehen wir einmal von den Extremfällen ab? Herzliche Grüße, Tsukune
  15. Hey Rudelfuchs, ich verstehe dich da durchaus. In diesem Thread lässt sich auch das Phänomen, dass ich beschrieben habe, gut beobachten. So langsam verdichtet es sich auch hier auf die Radikalen beider Lager, der Ton wird rauer und ich (als "moderater Teilnehmer") mache mir Gedanken, den Thread schnellstmöglich zu verlassen, bevor die metaphorischen Pflastersteine fliegen. Herzliche Grüße, Tsukune
  16. Hey, ich bin mir ziemlich sicher, Pegida wird sich im Schneematsch des neuen Jahres verlaufen. Die Teilnehmerzahlen werden zurückgehen, je mehr die "Koalition der Anständigen" damit Erfolg haben wird, den Begriff PEGIDA mit rechtsextremen oder revisionistischem Gedankengut gleichzusetzen. Die Leute gehen spätestens dann nicht mehr auf die Straße, wenn sie Angst um ihre gesellschaftliche und berufliche Existenz (welche Firma beschätigt schon gerne Nazis? Und wenn die Presse das sagt, müssen sie es wohl schließlich sein) bekommen. Während also die moderaten Teilnehmer abwandern, werden diejenigen tatsächlich radikalen Elemente, die bisher noch in der Minderheit sind, sozusagen kondensiert und erfüllen somit schließlich die Prophezeiung derer, die schon heute sagen "PEGIDA, das sind alles beinharte Rassisten". Und wieder einmal hat das Gute gesiegt. Aus den Köpfen der Menschen wird man die Ansichten so aber nicht bekommen. Und ja, noch mag Islamisierung kein akutes Thema sein, doch betrachtet man das Wachstum der muslimischen Bevölkerung durch Geburtenrate und Zuwanderung, werden wir zu Lebzeiten vielleicht noch den Kipp-Punkt erleben, zu dem der Islam in manchem europäischem Land Mehrheitsreligion sein wird - und dann will ich mal sehen, wie bunt und tolerant sie sein werden, wenn es um westliche Kultur, Religions- und Meinungsfreiheit geht. Hierzu ein richtungsweisendes Zitat des britischen Hasspredigers Anjem Choudary: Herzliche Grüße, Tsukune
  17. Hey Schluffy, Das ist ja genau das, was ich in meinem Post über die derzeitige Verwendung des Wortes "Flüchtling" geschrieben habe, bei dem nicht mehr zwischen wirklichen Flüchtlingen und Wirtschaftsmigranten differenziert wird. Durch die derzeit forcierte Sammelbezeichnung "Flüchtling" für tatsächlich Verfolgte UND Wirtschaftsmigranten wird eine Verpflichtung für die Aufnahme letzterer suggeriert, die so einfach nicht gegeben ist. Herzliche Grüße, Tsukune
  18. Hey, auch sie bedient doch auch wieder nur die alten Pawlowschen Reflexe, um unbequeme Meinungsäußerungen zu unterbinden. Im Westen nichts neues. Spannender finde ich als psycholinguistisch Interessierter derzeit den Begriff "Flüchtling", der seit Wochen in den Leitmedien forciert wird und mal eben zutiefst unterschiedliche Individuen mit ebensolcher Motivation zu einer homogenen Gruppe zusammenfasst. Zudem wird sich bewusst eines Wortes bedient, das gewisse Assoziationen weckt, an unser Mitgefühl, Menschlichkeit und Güte appelliert. Der tatsächliche Grund der Flucht bleibt im Dunkeln, und Unterscheidungen zwischen wirtschaftlichen, religiösen und politischen Gründen werden nicht mehr getroffen. So erhält der einwandernde Glücksritter auf der Suche nach einem höheren Lebensstandard sozusagen durch die Hintertür dieselbe moralische Legitimation wie derjenige, der um Leib und Leben fürchtet, deswegen zurecht Asyl sucht und auch bekommen sollte. Wer glaubt, das geschähe ohne Grund, ist wohl reichlich naiv. Hier wird bewusst Deutungshoheit über Worte (und somit unser Denken) geschaffen. Differenzierung soll nicht mehr erfolgen. Und wenn das passiert, lese ich immer wieder gerne den Dialog von Alice und Humpty Dumpty aus Lewis Carrols "Alice hinter den Spiegeln". Herzliche Grüße, Tsukune
  19. Hey, die Sache ist halt, auf eine kritische Stimme kommen zehn selbsternannte Anständige, die oft nicht wirklich wissen, was Sache ist (weil es kann ja nicht sein, was nicht sein darf), aber das spielt keine Rolle, solange man sich nur auf der moralisch überlegenen Seite weiß. Bedienen wir uns einmal einer Analogie zum besseren Verständnis: Ein Mann, der nicht fähig ist, Grenzen zu setzen, der es allen recht machen und von allen liebgehabt werden möchte, wird in der Regel für sein Verhalten nicht belohnt, sondern im Gegenteil ausgenutzt. Das wird hier im Forum gerne als Betaverhalten bezeichnet und belächelt. Übertragen wir dies mal auf die heutige europäische Gesellschaft und ihren Umgang mit dem Islam. Der ist im Gegensatz zum heutigen Christentum eine echte Erobererreligion mit einem knallharten Frame. Wer hier nicht auf Augenhöhe kommuniziert und sich stattdessen anbiedert, und das gilt auf dem Schulhof wie in der politischen Debatte, wird nicht ernstgenommen, geschweigedenn respektiert und ist in der Regel auch noch sein Milchgeld los. Herzliche Grüße, Tsukune
  20. Hey LoveLing, mach das mal in Saudi-Arabien oder einem anderen muslimisch geprägten Land. Wer ernsthaft glaubt, der Islam stehe für Multikultur, Toleranz und Freiheit, der wird sich noch wundern... Herzliche Grüße, Tsukune
  21. Hey LoveLing, Diesen Satz könnte man 1:1 auch auf alle Pegida-Kritiker anwenden. Die Inhalte sind austauschbar, die Struktur bleibt dieselbe. Ideologie, ob sie nun von rechts oder von links kommt, bleibt Ideologie. Ob sie nun "anständig" oder "verwerflich" ist, liegt immer im Auge des Betrachters und des Zeitgeistes. Die einzigen Gesetze, die unerschütterlich und nicht willkürlicher Veränderung unterworfen sind, sind jene der Natur... Herzliche Grüße, Tsukune
  22. Hey, Und Werte und Ideale werden nicht an Landesgrenzen abgelegt. Integration scheitert deswegen auch nicht unbedingt am Unwillen der Einwanderungsländer, sondern mitunter einfach dadurch, dass viele zugewanderte Menschen sich nicht verändern, geschweige denn überhaupt kulturell integrieren wollen. Die "grüne" europäische Wertegemeinschaft muss verstehen, dass sie eine völlig andere (mitunter utopische) Auffassung von multikulturellem Zusammenleben hat als der Islam. Mit ihm wird sich mittelfristig kein Konsens finden lassen, bei dem alle Beteiligten zufrieden sein werden, einfach weil er immer noch eine "blaue" Erobererreligion ist und kein friedliches Miteinander, sondern am Ende nur seine eigenen Regeln als gültig zulässt, die mit wachsendem Einfluss immer aggressiver eingefordert werden (Wie du sagtest: Wenn der Islam X sagt, dann ist das so.) Definition von Gut und Böse: Gut ist was ich mag. Böse ist, was ich nicht mag. (A.S. LaVey). Der Terrorist des einen ist der Freiheitskämpfer des anderen. Die Frage hierbei ist nicht unbedingt, wer Terrorist und wer Freiheitskämpfer ist, sondern wer derjenige (Person, Gruppierung, Religionsgemeinschaft, Staat etc) ist, der ihn, z.B. durch Ablehnung oder Bewunderung zum jeweiligen macht. Womit wir auch wieder bei Pegida sind... Herzliche Grüße, Tsukune
  23. Hey Arthur_Spooner, hör dir mal die Kommentare der muslimischen Befragten an, dann weißt du warum er sprachlos ist. Ich bin es diesbezüglich auch. (Ganz zu schweigen davon, wie ungebildet ein Großteil der Befragten ist) Herzliche Grüße, Tsukune
  24. Hey, der heutige Islam und das heutige Christentum sowie die Gesellschaftsformen, die daraus entstanden sind, lassen sich nicht miteinander vergleichen. Wer sich ein wenig mit der Ebenentheorie von Clare W. Graves, bzw. deren Anwendung auf Gesellschaftsformen beschäftigt hat, wird feststellen, dass sowohl der Islam als auch das Christentum im Mittelalter, streng hierarchisch organisierte und durch scheinbar göttliches Recht legitimierte Gesellschaftsformen (blaues Mem, Göttliches Recht und Unterwerfung unter dieses) darstellten. Damals war das eine bahnbrechende kollektive Entwicklung, die das alte Faustrecht und die Willkürherrschaft westlicher und östlicher Warlords (rotes Mem, Gesetz des Dschungels) ablöste. Daher sind sowohl Jesus Christus und auch Mohammed zu ihren Zeiten echte Reformer gewesen, die (bzw. im Christentum deren Nachfolger, Jesus Christus war weit über blau hinaus) sich die Mittel ihrer Zeit zunutze machten, um den Glauben zu verbreiten. Und das waren mitunter blutige Missionierungen, Ikonoklasmen (Schändung religiöser Stätten und Symbole, z.B. die Fällung der Donarseiche durch St. Bonifazius oder die Verbrennung der Irminsul durch Karl den Großen) und rigorose Gesetze, die damals im mittelalterlichen christlichen Europa kein Deut besser waren als die Sharia. Der Punkt ist halt nur, das durch die Aufklärung und später durch die Industrialisierung ein neues Zeitalter im Westen eingeläutet wurde, das sich durch Individualismus, Materialismus, Wissenschaft und Technologie definierte (oranges Mem, sozusagen der Marktplatz der Möglichkeiten). Das heißt aber nicht, dass unser "rotes" und "blaues" Erbe überwunden ist und unter Stress nicht wieder hervorbrechen kann (WKII) und auch wird, wenn die Umstände es gebieten. Der Nahe Osten, wenn auch mit den Technologien des orangen Zeitalters gesegnet, hat bisher den Sprung nach Orange nicht wirklich geschafft, zumindest nicht in den Köpfen. Es gab keine Aufklärung, keine Loslösung von der Vaterfigur Gottes (und somit auch Kirche von Staat), keine wirkliche Individualität. Zumal Allah im Islam immer noch ein echter Herrschergott ist wie der alttestamentarische Jehova einer war, bevor er in Gestalt Christi für die Menschen gelitten und somit die Verhältnisse neu geordnet hat (Neuer Bund). Der heutige Islam ist wie damals immer noch eine blaue religiös-quasi-politische Gesellschaft und der Islamismus (IS, die Taliban, Boku Haram und wie sie alle heißen) macht dasselbe wie weiland Karl der Große vor 1200 Jahren. Sie missionieren mit dem Schwert, zerstören die heiligen Symbole anderer Religionen und leben nach einem drakonischem Rechtskodex. Auf der anderen Seite entwickelt sich der Westen allmählich weg von schierer Wissenschafts- und Fortschrittsgläubigkeit und hin zu einer Entwicklunggstufe, die durch Toleranz , Mitgefühl, ökologischer Sensibilität und Antihierarchie gekennzeichnet ist (grünes Mem). Wir sind quasi kuschelig geworden, die anderen sind es noch nicht. Wir verfügen aber beide über dieselben technischen Möglichkeiten des orangen Zeitalters (Waffen, Kommunikation, Propaganda). Ich frage mich, was passiert: Zwei Männer, beide gleich bewaffnet. Der eine, ein gesetzter Mann (2000 Jahre alt), will diskutieren, der andere, ein hitzköpfiger Twen (1400 Jahre alt), will töten. Wer wird wohl gewinnnen? Ich mache keiner der Religionen einen Vorwurf, genauso wenig wie ich einen Teenager einen Vorwurf mache wenn er eben noch nicht so denkt wie ein erwachsener Mann und jener auch noch nicht die Weisheit des Alters aufweist (auch wir haben die Weisheit nicht mit Löffeln gefressen und sind weit von einer idealen Gesellschaft entfernt). Jeder Teenager braucht seine Zeit zur Selbstfindung und Entwicklung, und da kann es auch mal hoch hergehen, aber ich dulde dennoch nicht, dass er in meiner Bude randaliert. Und auch die alten Männer, die ständig ihre präsenilen Geschichten erzählen, wie toll es doch in ihrer Jugend (Kreuzzüge etc) war und sie das gerne wieder hätten, sind nicht unbedingt gern gesehene Zeitgenossen. Und nein, auch wenn einige hier wieder aufheulen werden, das hat nichts mit Untermensch-Übermensch zu tun ("Ha! Wir sind weiter als die!"). Weiter heißt nicht besser - die Leichen im Keller des modernen Westens haben vielleicht andere Namen, stinken aber genauso wie die des Ostens - aber letztendlich, zumindest hoffe ich das, kommt mit dem Alter auch die Weisheit. Und es gibt durchaus auch reflektierte Teens, ebenso wie es Mittdreißiger gibt, die denken und toben wie Kinder. Daher, keep cool. Herzliche Grüße, Tsukune
  25. Hey Juice Terry, Da gebe ich dir recht. Wie sagte Bert Brecht einst so schön: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral. Mit vollem Bauch im warmen Nest lässt sich leicht Menschenfreund sein; je ungemütlicher die Umwelt wird, umso enger wird sich in der "Stammesgemeinschaft" zusammengekuschelt und umso ethnozentrischer die dort vorherrschende Attitüde. Und wenn Kühlschränke und Konten einmal leer sein sollten werden wir schnell feststellen, welch flüchtiges Gut Toleranz tatsächlich ist. Führen wir das weiter, ist irgendwann auch Hautfarbe und Religion egal. Dann ist vielleicht selbst der Nachbar "fremd" genug, ihm ein Messer in die Rippen zu jagen, weil er einen Laib Brot hat und ich nicht. Machen wir uns nichts vor: Wir bilden uns Himmel was ein auf unsere moralischen Errungenschaften, doch wenn mal die Kacke am Dampfen sein sollte, kommt wieder das egoistische, xenophobe, aufs Überleben ausgerichtete Raubtier zum Vorschein, das wir eigentlich sind und von dem wir jetzt noch glauben, es ja eigentlich überwunden zu haben... Das Lied "Bete zum Herr der Fliegen" von Schweisser (auch wenn der Name so klingt, kein Rechtsrock!) bringt es auf den Punkt: Herzliche Grüße, Tsukune